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Ausstellung: Verblüffende Fotos vom Wandel in Mitte

Eine besondere Fotoschau zeigt, wie der Kiez am Hackeschen Markt in den letzten Jahren saniert wurde. Der Vergleich zwischen dem Zeitpunkt vor der Sanierung und dem danach ist verblüffend.

Diese Schau zwischen den Büsten Preußischer Herrscher und prominenter Baumeister im prächtigen Säulensaal des Roten Rathauses ist wie ein Ritt durch die jüngere Geschichte: Zwei Kieze zeigen voller Stolz, wie sie sich in den vergangenen zwanzig Jahren nach der Wende gewandelt haben. „Die gerettete Mitte“ – was unrettbar verloren schien, dem Verfall preisgegeben, vom Abriss und vom Neubau uniformierter Typenbauten bedroht, das ist quasi auferstanden aus Ruinen und hat sich ganz der Zukunft zugewandt.

Bröckelnde Fassaden bis in die 90er Jahre hinein

Am Eingang sind wir plötzlich ganz im Gestern: Klaus Bädickers riesige Fotos zeigen den Zustand von Häuserfassaden, wie sie in der Spandauer und Rosenthaler Vorstadt bis zum Beginn der neunziger Jahre gang und gäbe waren. Abgeblättert, heruntergewirtschaftet, ärmlich. Richtig reich war die Gegend rund um den Hackeschen Markt eigentlich nie, aber dass die Wohn- und Arbeitsstätten derart dem systematischen Verfall preisgegeben wurden, war einer der Skandale, der zum steigenden Unmut der Bürger führte – bis der Staat schließlich auch daran zugrunde ging. Schon vor 1989 formierte sich Widerstand gegen das hilflos-arrogante offizielle Argument, „den alten Krempel“ wegzureißen und dafür mit einfallslosen Plattenbaukartons die Wohnungsnot zu lindern. In einem Haus in der Mulackstraße steckten schon die Bohrlöcher für die Sprengung, im Oktober 1989 konnte man an diesem (inzwischen hübsch sanierten) Gebäude in großen weißen Lettern lesen: „Was der Krieg verschonte, überlebte im Sozialismus nicht“. Beinah!

Die Ausstellung mit den 32 großformatigen Tafeln bezieht ihren Reiz aus den Gegenüberstellungen vom Davor und Danach, immer ist das Jahr 1989 eine Markierung für den neuen Weg, der dann ab 1993 eingeschlagen wurde. Beide Kieze in der Mitte Berlins wurden binnen 16 Jahren ab 1993 umfassend saniert. In dieser Zeit ist es gelungen, die historischen Quartiere vor dem Verfall zu retten und zu attraktiven Orten für Wohnen, Arbeiten und Erleben umzukrempeln. Alteingesessene staunen, grübeln und freuen sich, was die neue Zeit mit ihren frischen Ideen und finanziellen Anreizen zuwege gebracht hat und wie aus den verschlafenen Kiezen nachgerade Szeneviertel geworden sind, nicht immer zur Freude aller angestammten Bewohner übrigens. Musterbeispiele sind die Hackeschen Höfe: Wo man einst schnell durch die dunklen Durchgänge mit ihrem Kleingewerbe huschte, um den Weg vom Hackeschen Markt zur Sophienstraße abzukürzen, flanieren nun die Touristen und suchen „das Besondere“.

Eine Milliarde Euro für die Rettungsaktion

Die Zahlen auf den Tafeln sind eindrucksvoll. Die Rettungs- und Verschönerungsaktion beider Vorstädte mitten in Berlin kostete über eine Milliarde Euro. Berlin, der Bund und die EU steckten über 300 Millionen Euro in das Sanierungsgebiet, das Übrige gaben private Investoren und Bauherren. Man restaurierte das Alte, setzte Neues hinzu oder verwirklichte moderne Architektenträume vom Keller mit dem in dieser Gegend ziemlich neuen Lift bis ins ausgebaute Dachgeschoss. Allein in der Spandauer Vorstadt wurden 183 Vorhaben mit 125 Millionen Euro gefördert. Der Mittelstand von Mitte hat erst in die Hände geklatscht und dann losgelegt: Es gab Arbeit und das so lange entbehrte Material. Urbane Vielfalt: Brachen wurden zu Kinderspiel- und Sportplätzen. Der starke Verdrängungsdruck indes wird in der Schau wenigstens benannt – Bürgerinitiativen haben die Vorstädter beraten, betreut und verhindert, dass noch mehr Mieter verdrängt worden sind.

„Die gerettete Mitte“, Rotes Rathaus, Säulensaal, bis 20. 8. (außer 11.), Mo. bis Fr. 9 bis 18 Uhr, Eintritt frei. 

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