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Ballhaus Naunynstraße: Wie im Ferienlager

Im Ballhaus Naunynstraße darf die Kiezjugend auf die Bühne. Den ganzen Februar über sind Theaterprojekte mit Jugendlichen aus der Umgebung zu sehen.

Licht an. Ein Engel und ein Teufel betreten die Bühne und gehen von Bett zu Bett, in dem jeweils ein Jugendlicher schläft. „Fetter Bastard“, sagt der Teufel zum Engel, als sie sich um die Seele eines Schlafenden streiten. Der Zuschauer erkennt schnell, dass die jugendlichen Schauspieler den Straßenslang nicht erst einstudieren mussten. Er sitzt. Man kann sich vorstellen, wie die beiden tagsüber nur wenige Meter weiter in der Naunynstraße in einem Internetcafé abhängen und ähnliche Sprüche ablassen. Doch nun stehen sie auf der Bühne, singen und tanzen. Dahin gebracht hat sie Regisseur Lukas Langhoff, der unter anderem am Deutschen Theater inszeniert.

„Ferienlager – die dritte Generation“ heißt das Stück, das seit der Neueröffnung des Ballhauses Naunynstraße 2008 zum Kassenschlager geworden ist. Es ist nur eine von vielen Aufführungen im Rahmen der „Akademie der Autodidakten“, die die künstlerische Leiterin Shermin Langhoff eingeführt hat, um jungen Begabten aus Einwandererfamilien eine Plattform zu bieten. Doch der Erfolg von „Ferienlager“ war Ausgangspunkt dafür, dass das Ballhaus den kompletten Februar Projekten mit Jugendlichen aus der Umgebung widmet. Einer Umgebung, die früher viele gemieden haben, weil sie nicht „abgezogen“ werden wollten.

Die Kreuzberger Bühne bietet damit Schauspielern und Zuschauern eine ungewöhnliche intellektuelle Herausforderung. Im aufwendig restaurierten Ballhaus aus dem 19. Jahrhundert wird im 21. Jahrhundert das „Mysterium Migranten“ geknackt, an das sich Lukas Langhoff „naiv und voller Fragen“ herangetastet hat, wie er sagt. Hier wird kein Theater über Menschen aus sozial schwachen Milieus gemacht, hier stehen sie mit eigenen Texten und zusammen mit Profis selbst auf der Bühne.

„Wir erklären den Jugendlichen nicht die Welt“, sagt Shermin Langhoff zu ihrem avantgardistischen Theaterkonzept, „wir stellen gemeinsam mit ihnen Fragen“. So widmet sich Regisseur Ayhan Sönmez etwa der Frage: „Was machst du morgen?“ Das gleichnamige Stück ist eine Annäherung an das für einige recht schwierige Thema Zukunft. Wie weit denken Jugendliche voraus? Was beschäftigt sie dabei? Zusammen mit sechs Jungs und Mädchen aus türkischen, mazedonischen und tschetschenischen Familien hat er ein Theaterstück entwickelt, dass dem Perspektivempfinden der Jugendlichen auf den Grund gehen soll.

Und dann gibt es diesen Monat zum fünften Mal die „Kiez-Monatsschau, Nachrichten aus der Naunynstraße“, bei der die Jugendlichen selbst zu Produzenten werden. Gemeinsam mit dem Fernsehjournalisten Kemal Hür und der Dokumentarfilmerin Liviana Daví führen sie die Nachrichten vor, die sie selbst interessieren.Ferda Ataman

Das komplette Programm mit allen Aufführungsterminen findet man im Internet unter www.ballhausnaunynstrasse.de

Ferda Ataman

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