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Berlin-Marathon: Von Glückshormonen übers Ohr ins Ziel getragen

Was macht müde Dauerläufer munter? Rhythmen in Form von Applaus und Musik. Rund 80 Bands mit 1000 Musikern machten Stimmung an der Strecke.

Das Feld der Marathon-Läufer hört die Trommeln lange, bevor es sie sieht. Kraftvolle Rhythmen in Endlosschleife, die das Herz stark, die Beine schwerelos und den Kopf frei machen. Dann, beim Lauf auf die Moltkebrücke zwischen Kanzleramt und Hauptbahnhof, sind die großen japanischen Trommeln sichtbar. Und die 20 starken Arme von Wasabi Daiko. Unermüdlich heben die Frauen und Männer der japanischen Trommelgruppe die Schlagstöcke über ihre Köpfe, um sie dann mit Kraft auf die Felle sausen zu lassen. So wollen sie die mehr als 40 000 Teilnehmer des Berlin-Marathons hier über die ersten sechs Kilometer tragen. „Wir machen das seit fünf Jahren. Und es gibt uns genauso viel wie den Teilnehmern“, sagt Wasabi-Daiko-Leiterin Anita Stöcklein.

Pünktlich um neun Uhr am Sonntagmorgen haben der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und der frühere Box-Weltmeister Henry Maske auf der Straße des 17. Juni den Startschuss zum 38. Berlin-Marathon gegeben. Es herrscht echtes Berlin-Marathon-Wetter, so wie es, mit Ausnahme vom grauen Dauerregen 2010, regelmäßig nun schon seit sieben Jahren ist: Mit morgendlichen Temperaturen um die zwölf Grad, wenig Wind und einer sanften Sonne, die im Laufe des Mittags die Luft dann aber so sehr aufheizt, dass es vielen Läufern doch zu viel des Guten wird.

Wer sehr schnell ist, bekommt das jedoch gar nicht mit: Um kurz nach elf ist Patrick Makau schon im Ziel, in der neuen Weltrekordzeit von 2:03:38. Und auch die schnellste Frau, die Kenianerin Florence Kiplagat, läuft mit knapp 2:19:44 hervorragend ein.

Erfreut über den schönen Spätsommertag sind jedenfalls Hunderttausende Zuschauer, der Veranstalter spricht – trotz hier und da spärlich gesäumter Straßen – sogar von rund einer Million. Die U- und S-Bahnen voll mit Menschen, die zu mehreren Streckenpunkten fahren, um während des Rennens ein Familienmitglied oder einen Freund zu betreuen. Intensiv studieren sie Fahrpläne, tragen aufblasbare Klatschstangen, Luftballons und Klappstühle oder malen wie zwei hübsche Schwedinnen noch rasch ein Schild zu Ende: „Hot Ass Kristof“, steht darauf - Kristof dürfte sich über das Kompliment freuen, egal, welche Zeit er herausläuft.

Froh über den Sonnenschein sind auch die rund 1000 Musiker aus über 80 Berliner Musikgruppen, die wie Wasabi Daiko die Marathon-Teilnehmer vom Streckenrand aus unterstützen. Ohne Unterlass spielen, tanzen und singen sie – für die rasend schnell vorbeischießenden Führungsläufer genauso wie für die letzten müden Walker vor dem Besenwagen. So wie am Kottbusser Damm, bei Kilometer 14, die Big Band Kameleon, die Jazz, Rock, Latin und Blues spielt. „Hauptsache, keinen Walzer“, sagt der erste Vorsitzende Olaf Bartoschik und lacht. Dann erzählt er noch, dass sich der Saxophonist hier schon mal die Glatze verbrannt habe. Die Chancen stehen an diesem schönen Tag wieder besonders gut.

Am Südstern, bei Kilometer 17,5, spielen Blackmail, auch hier sind Hunderte Zuschauer versammelt. Die Stimmung ist toll, Blackmail hauen mit „Hit the Road Jack“ und „Everybody needs somebody“ einen Kracher nach dem anderen raus. „Wir kommen schon seit Jahren zum Südstern, jedes Mal bekommen wir hier eine Gänsehaut“, sagen die Freundinnen Barbara Sanwald und Konni Fischer. Und so ist es an vielen Orten: Ob an der traditionellen Stimmungshochburg am Wilden Eber, wo „Sapucaiu no Samba“ („der Frosch fiel in den Samba“) und die Cheerleaderinnen der Charlottenburger Tanzlehrerin Natalie Krause die Läufer mit Glückshormonen versorgen, auf dem Hohenzollerndamm, wo Afroka energievolle westafrikanische Musik präsentieren oder auf dem Kurfürstendamm, wo Bloco Calango ein Feuerwerk brasilianischer Rhythmen zündet und Hertha-Maskottchen Herthinho dazu Späße treibt. „Die Gruppen tragen dich mit ihrer Musik über das ganze Rennen - fantastisch“, sagt Carsten Moeller aus Greifswald nach dem Lauf. Den Termin für den 39. Berlin-Marathon 2012 habe er sich schon vorgemerkt.

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