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Entspannt an der Pinne. Collin Foster, einst Sergeant der britischen Armee, segelt seit Alliiertenzeiten auf der Havel. Mit seiner Acht-Meter-Yacht fährt er in Begleitung seiner Frau Gabi am liebsten vom Hafengelände des Deutsch-Britischen Yacht Clubs zur Pfaueninsel. Dort zu ankern und auf dem Wasser zu picknicken, findet er cool.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berliner an Bord (6): Havelkapitän Collin Foster: „Perfect Gegend“

Collin Foster kam Anfang der Siebzigerjahre als Soldat nach Berlin – und blieb. Heute verbringt der 62-Jährige viel Zeit auf dem Gelände des Deutsch-Britischen Yachtclubs.

Manchmal hat er zur Flüstertüte gegriffen. Dann hallte Collin Fosters Stimme über die Havel: „Fish and chips are ready!“ Das war bis vor einigen Jahren Brauch im Deutsch-Britischen Yacht Club am Ufer von Hohengatow in Spandau. Wenn das inoffizielle Nationalgericht der Briten frisch aus der Friteuse kam, sollten es auch die Segler draußen erfahren. „Ganz schnell“, erzählt Foster, „machten dann etliche eine Wende oder Halse und steuerten auf den Clubhafen zu.“

Foster, 62, war als junger Soldat der britischen Alliiertentruppe in den frühen Siebzigern nach Berlin gekommen und blieb an der Havel. Denn erst verliebte er sich in eine Berlinerin, dann kam die Leidenschaft fürs Segeln hinzu: zuerst als Vorschoter. „Das war cool.“ Bis heute verbringt der einstige Sergeant und Lagermeister der „Royal electrical mechanical engineers“ seine Freizeit am liebsten auf dem Gelände des früheren Segelclubs der britischen Armee, dem heutigen Deutsch-Britischen Yacht Club, gleich neben dem Campingplatz am Breitehorn.

Foster ist ein gemütlicher Typ. Stämmig, ein wenig rundlich, mit einem ewigen Schmunzeln um die Augen. Die kräftigen Arme verschränkt er gerne vor der Brust, wenn er erzählt, auf der Clubterrasse die Beine ausstreckt und zum Fahnenmast am Hafen blickt. Dort flattern die schwarz-rot-goldene Flagge und der Union Jack einträchtig nebeneinander.

Die politische Wende und den Abzug der britischen Armee 1994/95 hat er so souverän gemeistert wie die Wenden auf dem Wasser. Collin Foster suchte sich Jobs als Haustechniker und erfüllte sich dann einen Traum: eine eigene Yacht, einen schlanken Langkieler mit Kajüte und geräumigem Cockpit. Dort vorne am Steg schaukelt sein Schiff, weiß der Rumpf, die Taue exakt aufgerollt. „Very british“, sagt er und lacht. „Mit Spinnacker geht der Kahn super ab.“ Foster führt ihn stolz vor wie einst Sir Francis Chichester, der letzte Seeheld Großbritanniens, seine „Gipsy Moth IV“, mit der er als Einhandsegler 1967 die Welt umrundete. Collin Foster schippert lieber gemeinsam mit seiner Ehefrau über die Havel.

Am liebsten in flotten Schlägen. Gabi Foster an der Fockschot, er, ganz relaxt, an Großschot und Pinne. Manchmal auch andersrum. Sie kreuzen durch die Passage zwischen „Lindwerder“ und Havelchaussee, winken dem Fährmann, der zum Inselchen rattert. Sie halten hart am Wind aufs Strandbad Wannsee zu, ankern vor der Pfaueninsel, packen den Picknickkorb aus. Servietten, Tischtuch, Prosecco, Lachsbrötchen, Bergpfirsiche. „Good food, perfect Gegend“, sagt Collin Foster. In Momenten des Wohlbefindens spricht er Denglish.

Foster mag die Havellandschaft. Fluss, Seen, Wald, Sandstrände, Schlösser, Gartenwirtschaften, die er gut ansteuern kann, romantische Ankerplätze. „Was willst du mehr? That’s Urlaub in Berlin!“

Außerdem mag er die internationale Community auf den Gewässern. „Ein Schatz, der uns aus Alliiertenzeiten erhalten blieb.“ Außer dem Deutsch-Britischen Yacht Club gibt es noch den American International Yacht Club in Wannsee und den Club Nautique Français Tegel. Alljährlich starten Briten, Franzosen und Amerikaner zur „Tripartite“-Regatta und zum Rennen „Round the Island“ um die Pfaueninsel. Foster ist jedes Mal dabei, trifft viele Kumpels aus Alliiertentagen.

Wenn er nach einem Törn am Abend gemächlich vor dem Wind zurücksegelt, fallen ihm Geschichten aus der Vergangenheit ein. Sein Pech bei der „Glühwein-Trophy“ in den Achtzigern etwa, als seine Jolle im stürmischen Winter kippte. Vom Beiboot aus zog man ihn aus dem bitterkalten Fluss – und doch war er das nächste Mal wieder dabei. Die Glühwein-Regatta ist bis heute eine britische Spezialität. „Wir segeln, bis das Eis uns stoppt.“

Unter der Regie der „British Army“ war der Clubhafen einst für Deutsche nur vom Wasser aus zugänglich, erinnert sich Foster. „Alle guckten auf der Havel, ob bei uns der Union Jack flattert.“ Dann war die Bar geöffnet und schnell voll. Es gab zollfreies Bier und Spirituosen, ein Glas Whisky für 40 Pfennig. Und dann das Motorboot-Verbot auf der Havel in den Achtzigern, es galt an jedem zweiten Wochenende. „Herrlich ruhig war’s da.“

Ein Sommernachmittag: Wanten klackern im Wind, deutsche und britische Segelschüler kreuzen vor dem Hafen. Seit 1994 ist der einstige Army-Club wieder für alle Berliner geöffnet. „Fish and chips“ gibt es wie eh und je, nur wird das heute nicht mehr hinausposaunt. Collin Foster kümmert sich im Clubvorstand um Feste. Kürzlich hatte er einen Dudelsackspieler engagiert. Der blies seine Pipes am Steg. Das zog die Segler so heftig an wie Fisch und Fritten.

Deutsch-Britischer Yacht Club, Tel. 365 4010, www.dbyc.de

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