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© promo

Berliner Bars: Von wegen bierernst!

Promi-Quiz, Bier-Cocktails, Blumen auf der Toilette: Die Stadt hat viele ungewöhnliche Kneipen. Langweilig wird einem da nicht

Das „Yesterday“ hat einen schmalen Eingang, man übersieht es leicht. Im Moment steht auch noch ein Baugerüst davor. Aber wenn man Glück hat, ist die Tür bloß angelehnt: Dann hört man vielleicht gerade die Beatles oder die Mamas & Papas singen und wird neugierig.

Und wer einmal einen Schritt in die Kneipe am Senefelderplatz gesetzt hat, der bleibt. Das „Yesterday“ ist eine besondere Kneipe. Von der Decke hängen Sonnenblumen, eine übergroße Biene-Maja- Puppe grinst, überall funkelt und glitzert es. Zwei Hocker an der Theke sind dauerbesetzt, da sitzen Schaufensterpuppen drauf. In die Tischplatten sind elektronische „Mensch, ärgere Dich nicht“-Spiele eingebaut und an der Wand hängen 17 dicke Bücher. Das sind vollgeschriebene Gästebücher, sagt Barkeeper Jann. Damit jeder Erstbesucher nachlesen kann, was er im Yesterday bisher verpasst hat. Seit acht Jahren gibt es das Lokal. Und dann sagt Jann einen Satz, den man Angestellten woanders nicht so leicht glauben würde: „Ich arbeite hier nicht wegen des Geldes. Sondern um selbst ein bisschen mitzutrinken und glücklich zu sein.“

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"Glamour Quiz" Bei Nina Queer in der Bar "Zum schmutzigen Hobby". -

© p.a.

Bei Sieg: Champagner und Demütigung

Berlin ist voller skurriler Kneipen. Orte, an denen sich die Besitzer kreativ austoben und ungewöhnliche Drinks, Dekorationen oder Sitzmöbel entwerfen. Oder alles zusammen. Nicht weit entfernt vom „Yesterday“ liegt die Kneipe „Zum schmutzigen Hobby“. Die gehört Nina Queer, einer bekannten Berliner Drag-Queen. Bei den meisten Einrichtungsgegenständen im Laden weiß man nicht, ob sie nur nett ironisch gemeint sind oder als Provokation. Da hängen Papstbilder neben Aktfotos, ein geschmückter Christbaum leuchtet schon Anfang Oktober. Jeden Mittwoch lädt Nina Queer zu einem Quizabend; wer 20 Fragen richtig beantwortet, bekommt eine Flasche Champagner geschenkt. Aber Vorsicht: Es geht hier nicht um Allgemeinwissen, sondern um absolut überflüssiges Promi-Wissen. Zum Beispiel darum, welcher Schauspieler gerade einen Yogakurs anfängt oder welche Adlige sich kürzlich die Fingernägel abgebrochen hat. Wer hier mitmacht, sollte vorher unbedingt die Gala lesen – dann kann der Abend lustig werden.

Das „Glamour-Quiz“ ist nicht das einzige bekannte Kneipenspiel der Stadt. Das Kreuzberger SO 36 füllt sich einmal im Monat beim „Kiezbingo“ bis auf den letzten Platz. Das ist klassisches Bingo, nur mit dem Unterschied, dass jeder Sieger auf die Bühne muss und dann ausgiebig von den Moderatorinnen mit anzüglichen Fragen gedemütigt wird. Deshalb ruft kaum jemand freiwillig „Bingo“, wenn er eine Zahlenreihe angekreuzt hat – oft denunziert einen der Sitznachbar. Auch in der Fußballkneipe „Schwalbe“ gibt es gelegentlich ein Quiz. Wer weiß, welche Rückennummer Uwe Bein 1993 bei Eintracht Frankfurt trug, hat hier Chancen. Extrem beliebt ist inzwischen wieder das Tischkickern – allerdings mit Variationen. In manchen Kneipen stehen Schwarzlicht-Kicker, im Café Morgenrot in der Kastanienallee wird politisch korrekt gespielt: Wer drei Mal hintereinander gewinnt, muss aufhören und Schwächeren Platz machen.

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Bar "Zu Mir Oder Zu Dir": ein Damenslipautomat auf der Toilette. -

© David Heerde

Verrückte Toiletten

Was soll der ganze Quatsch, könnte man fragen. Sind Berlins Kneipengänger solche Langweiler, dass sie immerzu unterhalten werden müssen? Braucht es unbedingt eine Kneipe wie das „Zu mir oder Zu Dir?“, in der man auf der Damentoilette in Ledersesseln sitzt und auf frische Schnittblumen blickt? Oder das „Klo“, das bis zur Decke vollgestopft ist mit Haushaltsgeräten und sonstigem Gerümpel und in dem man sich für 9,90 Euro beim Biertrinken von einer Internetkamera filmen lassen kann?

Natürlich nicht. Aber Spaß macht es schon, für ein paar Stunden in ein Paralleluniversum abzutauchen, durchgeknallte Ideen von kreativen Menschen mitzubekommen. Und manchmal nimmt man eine Anregung oder sogar eine Erkenntnis mit nach Hause. Zum Beispiel, dass Hefeweizen mit Gin und Zuckersirup gemischt werden kann. „Bavarian Fizz“ heißt der Bier-Cocktail, den die Betreiber des „Yesterday“ am Senefelderplatz seit dieser Woche anbieten. Und was noch verrückter ist als alles andere in diesem Laden: Das Getränk schmeckt.

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