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Berliner Stadtgeschichte: Schwimmen wie ein Slawenfürst

Zwei Denkmäler in Gatow und Schildhorn erinnern daran, wie Jaczo von Köpenick 1157 auf der Flucht vor Albrecht dem Bären durch die Havel schwamm. Mit einem Mittelalter-Fest warben zwei Vereine für die beiden historischen Zeugnisse.

Vor 855 Jahren war die Sache für Slawenfürst Jaczo von Köpenick noch riskanter. Mitsamt seinem Pferd und der schweren Rüstung stürzte er sich auf der Flucht vor dem Askanier Albrecht dem Bären in die Havel am Gatower Ufer und schwamm hinüber zur heutigen Schildhorn-Halbinsel – so berichtet es die Sage. Am Sonntag konnten knapp 40 Frauen, Männer und Schüler die gleiche Schwimmstrecke wesentlich entspannter bewältigen. Sie sprangen an der Badewiese am Ende der Gatower Jaczoschlucht ins Wasser und überquerten die dort 750 Meter breite Havel, begleitet von Booten der Deutschen-Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG).

Das Wettschwimmen war der Höhepunkt des Jaczo-Festes in Gatow. Es sollte an Jaczos denkwürdige Flucht im Jahre 1157 erinnern und zugleich zwei denkmalspflegerische Initiativen ins Blickfeld rücken: In Gatow kann man den fertig sanierten Jaczo-Turm feiern, auf Schildhorn setzt sich eine Bürgerinitiative dafür ein, dass die Sandsteinsäule am höchsten Punkt der kleinen Landzunge restauriert wird. Wie der Turm erzählt auch dieses Monument von der Sage.

2011 beschlossen der Förderverein Historisches Gatow und der Verein Bürger für Schildhorn, die sagenhafte Vergangenheit beider Orte mit einem Fest besser publik zu machen. Am Sonntag wurde es nun zum zweiten Mal gefeiert – auf Schildhorn und in der Jaczo- Schlucht, jenem romantischen kleinen Park, der gleich südlich neben der Weinmeisterhöhe zur Scharfen Lanke hinabführt. Mittendrin steht der Mitte des 19. Jahrhunderts aus groben Feldsteinen errichtete Jaczo-Turm. Ein eingelassenes Relief erzählt kurz die Geschichte. Da der Turm arg heruntergekommen war, ließ ihn der Förderverein im vergangenen Jahr bis hinauf zu den kleinen Zinnen verschönern.

Am Sonntag kehrte nun das frühe Mittelalter zurück in die Schlucht und auf die Badewiese. Askanier-Ritter zeigten beim Fest ihre Kampfkunst, Böttcher führten vor, wie man Fässer herstellt – und die Klasse 4b der Gatower Paul Moor Schule führte die Jaczo-Sage als Theaterstück auf: Wie der heidnische Slawenfürst durch die Schlucht galoppierte. Wie er mitten in der Havel, als er zu ertrinken drohte, den Gott der Christen um Hilfe anflehte. Wie er als Zeichen seiner Dankbarkeit Schild und Horn am rettenden Schildhornstrand an einen Ast hängte und dem Christengott Treue gelobte.

Ein Jagdhorn hing auch am Sonntag an der 14 Meter hohen, von einem Kreuz gekrönten Sandsteinsäule auf Schildhorn. Wer zuerst den Strand erreichte, den Hügel hinaufhastete und ins Horn blies, gewann das Wettschwimmen über die Havel in seiner jeweiligen Gruppe. Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. ließ die Säule 1844 von Friedrich August Stüler errichten. Ein Bild des Berliner Malers Eduard Gaertner von 1848 zeigt, wie weithin sichtbar sie damals auf der Anhöhe stand.

Heute ist die Natur dicht herangerückt, Gestrüpp und hohe Bäume versperren die Aussicht auf die Havel, Wege sind teils zugewuchert. Aber der Verein Bürger für Schildhorn will das ändern. Ein kleiner „Volkspark Schildhorn“ schwebt den Mitgliedern vor. Was sie im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Forstamt schon geschafft haben, konnte man bei der Ankunft der Schwimmer besichtigen: geschnitzte Wegweiser zum Denkmal wurden aufgestellt, der Weg dorthin wurde gelichtet, an Säule und Badestelle stehen rustikale Sitzbänke. Am Sonntag trommelten mittelalterliche Musikanten am Strand und gaben Kunde von der Sage. „Schildhorn und die Jaczo-Schlucht sind eben idyllische Plätzchen“, sagt Ulrich Reinicke vom Gatower Förderverein. Das soll sich in Berlin nun noch mehr herumsprechen.

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