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Gespannte Zuschauer. Beim „Bilderbuchkino“ werden die Zeichnungen aus Büchern an die Wand projiziert und die Kinder erzählen, was sie sehen. So verbessert sich ihre Sprache.

© Bürgerstiftung

Bilderbuchkino: Ideen zum Leben erwecken

Die Bürgerstiftung will keine „Projektitis“, sondern dauerhafte Konzepte. Ein Beispiel ist das Bilderbuchkino.

Wenn Mathias Neumann mit seinem „Bilderbuchkino“ in die Kita kommt, räumen die Kinder ganz schnell auf. Sie setzen sich auf Stühle oder Decken, Neumann baut Laptop und Beamer auf, dunkelt den Raum ab und legt los: „Ich habe einen Vorrat an 150 Bilderbüchern, die eingescannt und von den Textpassagen befreit wurden“, erklärt er. Diese Bilder wirft er an die Wand und bespricht mit den Kindern, was sie alles darauf sehen.

Mal beamt er die Bilder auf Raufasertapete, mal auf eine Leinwand, die Eltern ihm gebastelt haben. Besonders gerne wählt er Bücher aus, bei denen sich die jungen Zuschauer mit den männlichen und weiblichen Helden identifizieren können. „Die Kinder merken nicht, dass sie während des ,Bilderbuchkinos‘ ihre Sprache verbessern, sie haben vor allem Spaß.“

Das Konzept hat Helena Stadler, Geschäftsführerin der Bürgerstiftung Berlin, geschrieben. Dazu inspiriert hat sie eine Lehrerin, die schon in den 1970er Jahren Dias von Bilderbüchern an die Wand warf. Das Papier liegt zunächst längere Zeit in der Schublade – 2005 holt sie es wieder hervor: Das Unternehmen Boeing sucht damals ein unterstützenswertes Projekt.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

„Das ,Bilderbuchkino‘ war sozusagen der Satellit des ,Leselust‘- Projekts“, erinnert sich die Geschäftsführerin. Während dieses Schulprojekts zur Leseförderung hatte sie von Grundschulpädagogen erfahren, dass vielen Kindern aus bildungsfernen Familien die Bilderbuchphase fehlte. „Die Lehrer konnten diesen Rückstand nicht kompensieren.“ Beim „Zweisprachigen Bilderbuchkino“ können die Kinder in Ruhe den Illustrationen folgen, während Lesepaten auf Deutsch oder auch auf Türkisch oder Arabisch die Geschichte vorlesen.

Stadler reicht das Konzept ein. „Dann passierte lange nichts, schließlich wurden wir eingeladen und geprüft.“ Daraus habe sich eine „unglaublich tolle Kooperation entwickelt, getragen von Vertrauen und einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe“. Statt zeitintensive Evaluationen zu verlangen, treffen sich die Unternehmensvertreter jedes Jahr mit ihr zum Gespräch. „Wenn etwas nicht läuft, wird überlegt, wie man es besser machen kann.“ Stadler nennt das „mutig und reif“.

Matthew Ganz, President Boeing Germany & Northern Europe und Vice President European Technology Strategy, formuliert es so: „Die Bürgerstiftung Berlin leistet hervorragende Arbeit, um Kinder und Jugendliche für die Zukunft zu stärken und sie für die Umwelt, die Natur, für Forschung und Technik zu begeistern.“ Die Kinder und Jugendlichen von heute seien die Forscher, Lehrer und Techniker von morgen, Nachhaltigkeit sei dem Unternehmen besonders wichtig. „Deshalb haben wir Projekte der Bürgerstiftung, die sich stetig weiterentwickeln – wie das zweisprachige Bilderbuchkino oder die Umweltdetektive – auch über einen längeren Zeitraum hinweg begleitet und unterstützt.“

Projekte müssen lebendig sein

Helena Stadler ist es wichtig, den Fokus zu verlagern, „vom Projekt, das einen Anfang und ein Ende hat, hin zu einem Prozess, bei dem die Struktur für ein Fundament von unten wächst.“ Dafür brauche man zuverlässige Partner, die „ein wirkliches Interesse an einer qualitativ hochwertigen Arbeit haben“. Das Engagement von Boeing hilft der Bürgerstiftung, jenseits der „Projektitis“ zu arbeiten. Jenseits von dem Druck, öffentliche Gelder schnell ausgeben zu müssen – was meist in Mainstream-Projekten ende.

Die von Matthew Ganz angesprochenen Umweltdetektive gibt es seit 2009. Damals sucht Boeing nach einer Möglichkeit, sich im ökologischen Bereich zu engagieren. Die Bürgerstiftung entwickelt ein Konzept, bei dem Schüler mit einem Umweltpädagogen ihre Umgebung erkunden. Aus dieser Idee geht bald ein weiterer „Satellit“ hervor, ein Umweltprojekt für Kitakinder, das von der Gasag unterstützt wird.

Die Stiftung schafft ein Fundament, verdichtet und vernetzt, damit sie auch dann weiterarbeiten kann, wenn eine Unterstützung wegfällt. „Wir wollen dauerhafte Projekte aufbauen, das sind wir auch den Schulen schuldig“, sagt Helena Stadler. Kontinuität und Qualität seien im Bildungskontext die wichtigsten Elemente. Was aber nicht bedeutet, dass alles immer bleiben muss, wie es ist. „Projekte müssen für mich lebendig und flexibel sein und sich mit den Ausführenden und Teilnehmern weiterentwickeln können.“

Auch Mathias Neumann will mit seinem ,Bilderbuchkino‘ weiter ein „verlässlicher Partner“ sein. Ihm würde es aber gefallen, „das Konzept auf ältere Schüler auszuweiten und häufiger Bildinterpretationen zu unternehmen“. Und schon wieder ist eine neue Idee geboren.

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