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Oberbaumbrücke

© Uwe Steinert

Brückenkunstmeile: Farbenspiele

5. Open Air Gallery: Ob Gemälde fürs Wohnzimmer oder eine Postkarte für die Pinnwand - bei der Freiluftgalerie auf der Oberbaumbrücke in Berlin konnte man alles gleich mitnehmen.

„Beachten Sie mal den Gesichtsausdruck – der eine lächelt sogar!“ Brigitte Denck freut sich noch heute über das Foto von Grenzsoldaten, das ihr am Brandenburger Tor, kurz vor der Maueröffnung gelang. Heute ist das Schwarzweißbild papiernes Zeugnis der Zeit, 22 Euro kostet es im Passepartout, weitere 20 Euro der schwarze Rahmen, erfuhr man auf Nachfrage. Die Wahl-Berlinerin preiste ihre Werke dann doch aus, schließlich ging es am Sonntag bei der „5. Open Air Gallery“ auf der Oberbaumbrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg um Kunst und Handel.

100 Fotografen, Bildhauer und Maler aus dem Kiez, der Stadt und dem Ausland verwandelten die Brücke zum zweiten Mal in diesem Jahr zu einer Art Montmartre an der Spree. Im Premierejahr 2002 kamen 13 000 Kunstliebhaber, jetzt sind es an jedem ersten Juli- und Augustwochenende fast doppelt so viele, weiß Demet Dogan vom Stadtteilausschuss Kreuzberg. Die Gallery- Künstler sind jeweils auch im Internet aufgelistet, sagt Organisator Ümit Bayam (www.openairgallery.de).

Gisela Pahlow ist Stammgast der Brückenkunstmeile. „Ich hole mir gern Anregungen“, sagt die 68-Jährige.Gleich nach der Wende hatte sich die Lichtenbergerin Farben gekauft, Jahre später nach der Pensionierung mit dem Malen begonnen: „Herrlich, einfach Wahnsinn, man kann sich so schön ausleben.“ So geht es auch Christian Behring, der endlich seinen Keller leer bekommen muss und daher impressionistische Werke zum Sonderpreis anbietet: „Statt 300 Euro kostet ein Ölbild 150. Oder von mir aus auch 100“, sagt der Maler und Grafiker. Einen Druck gibt es schon für fünf Euro. Vergangenes Jahr habe er besser verkauft, sagt Behring und hofft, dass sein Eisbärbild zieht. „Ooch, Knut!“, sagen viele, die vorbeigehen, aber das Bild entstand vor Jahren, im Tierpark.

Der Deutschkoreaner Thore Kienscherf widmet sich anderen Motiven: Frauen. Nadine Reinschmidt ist aus Frankfurt am Main auf Berlin-Visite, sie hat bei ihm zwei Postkarten à zwei Euro gekauft. „Ich werde überlegen, ob ich mir noch ein Original zulege“, sagt die 21-Jährige. Da muss sie dann aber mindesten 160 Euro investieren. Ein paar Stände weiter zeichnet Meritxell Barroso Paredes schon das nächste Werk. „Ich kann nicht anders“, sagt die Malerin und Restauratorin, die es von Teneriffa zu den Treptowers zog.

Derweil klecksen Besucher Farbe auf einen langen papiernen Mittelstreifen, der sich über die ganze Brücke zieht. Die Sonne erhellt Gemüter und Farben, Klaviermusik betört die Sinne. Kein Auto weit und breit. Jetzt registrieren die Leute sogar die Skulpturen rund ums Schlesische Tor – im Berufsverkehr hat man dafür keine Muße. 

Annette Kögel

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