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Candy Girls: Triebe, Gags und Zärtlichkeit

Deutschlands erste Internet-Soap spielt in Berlin. Die "Candy Girls" werden oft angeklickt - und diskutiert.

Folge 16 spielt im Volkspark Friedrichshain. Die Mädels hocken vor dem Café Schönbrunn, Lola hat ihre Katze dabei, Soffy ein Problem. Sie hat sich intimrasiert, es juckt. Selber schuld, weiß Kira. Hätte die Arme bloß eine ordentliche Klinge benutzt. „Nur die für acht Euro sind richtig gut.“ Lola will auch etwas sagen: Sie findet vollrasiert total geil.

Es ist schon derbe, was die jungen Frauen in vier bis fünf Minuten von sich geben. So lange dauert eine Folge von „Candy Girls“, Deutschlands erster Soap im Internet. Zu sehen ist sie auf der Plattform Myspace. Die Berliner Regisseurin Miriam Dehne hat im Auftrag der Firma 20 Episoden am Stück gedreht, jetzt werden pro Woche zwei der Clips kostenlos hochgeladen, um Interesse für die Plattform zu wecken. Die kurzen Folgen sind bei Jugendlichen beliebt, 1,3 Millionen mal wurden sie bisher angeklickt. Heute kommt Nummer 17, da wird sich zeigen, ob Soffys Jucken nachgelassen hat.

Die Soap spielt im Club 103

Die Handlung der Soap ist simpel: Vier Frauen zwischen 18 und 26 Jahren arbeiten in einem Club. Den gibt es tatsächlich, es ist der Club 103 in Kreuzberg, direkt an der Oberbaumbrücke. Die Macher brauchten einen Laden im „runtergekommenen Berlin-Style“, heißt es. Weil „Candy Girls“ authentisch wirken soll. Bedeutet das etwa, dass der Zuschauer durch die Serie einen geheimen Blick auf das Nachtleben der Stadt werfen kann?

Was bisher passiert ist: Eine Gogo-Tänzerin fordert nach ihrem Auftritt 500 Euro Gage (unverschämt). Ein Kerl mit drei Lippen- und zwei Backenpiercings möchte eine Riesenlinie Speed schnupfen, die Bardame sucht jemanden zum Fremdgehen. Die Geschäftsführerin des 103 überlegt, welchen Künstlernamen sie als Pornostar wählen würde, und kommt auf „Pfiffi Westlake“. Ein anderes Mal fragt sie sich, was die drei Frauen auf dem Klo wohl machen – nehmen sie Drogen, oder haben sie bloß Sex? Und wo ist eigentlich Lola? Die wird doch nicht etwa mit diesem Typen?

"Es soll alles etwas überhöht sein"

Wenn die Serie wirklich das wahre Großstadt-Nachtleben widerspiegelte, wäre das für Berlins Eltern ein klarer Grund, ihre Kinder aufs Internat in die Uckermark zu schicken. Aber es war zum Glück nie die Absicht, Realität darzustellen, sagt Lydia Schamschula, 27. Die ausgebildete Theaterschauspielerin mimt Candy-Girls-Anführerin Soffy. „Es sollte alles etwas überhöht sein: die Figuren, die Kostüme und die Dialoge auch.“ Und es sollte eben nur ein zugespitztes Bild sein von dem, was junge Menschen in dieser Stadt erleben können. Privat war Schamschula noch nie im 103, als typische Clubgängerin sieht sie sich auch nicht. Aber sie hat mal im Cookies hinterm Tresen gearbeitet. Dort, sagt sie, habe sie tatsächlich einiges mitbekommen von Drogenkonsum und „Pärchen, die es morgens nicht mehr nach Hause schaffen“. Kollegin Catharina Caterba, die auch eines der Candy Girls spielt, nennt das Gezeigte „klischeehaft und knallig“. Weil es eben keine Realityshow sei. Caterba ist 18 und geht aufs katholische Canisius-Kolleg in Tiergarten. Die ganze Schule gucke sich die Folgen an, sagt sie. Auch die Lehrer.

Einmal haben es die Macher übertrieben. Da war Skandal-Rapperin Lady Bitch Ray zu Gast, die hat ohne Skript drauflos geplappert und ständig mit Pornowörtern um sich geworfen. Man entschied sich, den Clip schnell wieder aus dem Netz zu nehmen. Ray zu engagieren, war wohl „eine Fehlkalkulation“, sagt der Sprecher. Jetzt ist der Clip trotzdem der Renner. Beim Konkurrenten Youtube.

Die Folgen im Netz:

www.myspace.com/candygirls

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