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© promo

Designer: Klasse für die Masse

Nach Kollektionen von Karl Lagerfeld, Madonna, Viktor & Rolf, Roberto Cavalli gibt es wieder Designerkleidung bei H & M zu kaufen: von Comme des Garçons. Das Label macht intellektuelle Mode - wie passt das mit H & M zusammen?

Als die Japanerin Rei Kawakubo 1981 zum ersten Mal eine Kollektion ihres Labels Comme des Garçons zeigte, ging ein Aufschrei der Entrüstung durch die internationale Presse. Die willkürlich zerfetzten, sackartigen schwarzen Kleider waren ein Angriff auf das herrschende Schönheitsideal. Seitdem ist die Designerin wie keine andere verbunden mit einer negativen Ästhetik, mit Askese und Avantgarde. Was hätte Kawakubo wohl damals dazu gesagt, dass sie eines Tages mit einer der weltgrößten Modeketten zusammenarbeiten würde, die Heranwachsende mit billigen Kopien von Designermode ausstattet und den Vorwurf der Kinderarbeit nicht von sich weisen kann?

Nun also ist die Kollaboration von Comme des Garçons mit H & M perfekt, und die Ikone der Antimode antwortet wie schon vor ihr Karl Lagerfeld, Stella McCartney, Viktor & Rolf und Roberto Cavalli, das sei eine tolle Möglichkeit, sehr viele Menschen mit ihrer modischen Vision zu erreichen.

Damen- und Herrenkollektion sowie Unisex-Parfüm

So wird es ab dem 13. November eine Damen- und Herrenkollektion inklusive Accessoires, Unisex-Parfüm und ein wenig vom kompromisslosen Geist von Comme des Garçons zu den erschwinglichen Preisen von H & M geben. Das wirkt schon nicht mehr so spektakulär wie noch vor vier Jahren bei Lagerfeld, denn auch in der Mode sind die alten Gegensätze von Klasse und Masse in den letzten Jahren ins Wanken geraten.

Doch die heutige Verbindung fügt dem noch etwas hinzu. Denn Comme des Garçons ist nicht nur sehr teuer. Es ist, wenn man so möchte, intellektuelle Mode, der es nie nur ums Auge, schon gar nicht um Tragbarkeit, sondern um Kunst, Konzept und Lebenswelten ging. Und die besonders eines niemals sein mochte – banal.

Genau in der Banalität ist sie jetzt angekommen. Wo es Comme des Garçons um eine Auseinandersetzung mit der Idee der Mode und das Hinterfragen der gesellschaftlichen Konstruktion der Frau geht, wird bei H & M die Frau oder das Mädchen durch schieren Konsum erschaffen.

Die Marken brauchen die Seele der Designer

Diese beiden Linien zusammenzulegen, darin läge das Potenzial dieser Zusammenarbeit. Denn was bleibt einer Rei Kawakubo? Die avantgardistischen Ambitionen in der Mode scheinen der Vergangenheit anzugehören. In einer Zeit, in der Luxussegment und Massenmarkt sich aufeinander zu bewegen, brauchen die Marken die Seele der Designer. Und die Designer müssen dorthin, wo etwas gesellschaftlich Relevantes passiert.

Die Kleider, die dabei herausgekommen sind, sehen recht schön aus. Sie sind Ausdruck einer Zeit, in der eine Provokation wie die von 1981 nicht mehr möglich und nicht mehr nötig ist. Denn was ist entwaffnender als eine Armee von Jugendlichen in günstiger japanischer Avantgardemode? Veränderung vollzieht sich nun stiller, aber vor den Augen aller. So still und so augenfällig, dass man sie kaum mehr bemerkt.

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