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Stadtleben: Die Schwester Gottes

Jetsun Pema kommt zur Premiere nach Berlin In dem Film geht es um ihren Bruder, den Dalai Lama

Wie ist es, einen Gott zum Bruder zu haben? Eine Frage, die Jetsun Pema, jüngere Schwester des Dalai Lama, wohl unzählige Male gehört hat. Und stets stellt sie die spirituelle Beziehung über die leibliche. Ihr Bruder sei für sie „ein Heiliger, mein ganz persönlicher Guru“, sagt sie dann in Interviews, oder auch, dass sie ihn „eher als meinen Mentor oder Guru“ sehe.

Eine besondere Beziehung, keine Frage. Eine, die ihr ganzes Leben geprägt hat und auch der Hintergrund ist zu Jetsun Pemas Besuch in Berlin an diesem Mittwoch, zur abendlichen Premiere des Dokumentarfilms „10 Fragen an den Dalai Lama“ im Cinestar am Potsdamer Platz. Gestellt hat die Fragen der amerikanische Filmemacher Rick Ray bei einer Privataudienz, die ihm der Dalai Lama im April 2006 in seiner Residenz im indischen Dharamsala gewährte – der Mittelpunkt eines umfassenden Porträts des Oberhaupts der tibetanischen Buddhisten, der sich allerdings nicht als Gott sieht, sondern als „einfacher buddhistischer Mönch – nicht mehr, nicht weniger“. Auch zwei Mitarbeiter des Dalai Lama werden bei der Premiere anwesend sein, Sewo T. Tezin, einer seiner Assistenten, sowie Tseten Sandup Chhoekyapa, Repräsentant des für Zentral- und Osteuropa zuständigen Tibet Bureau in Genf, der Vertretung der tibetanischen Exilregierung.

Am 7. Juli 1940, genau einen Tag nach dem fünften Geburtstag ihres Bruders, wurde Jetsun Pema in Tibets Hauptstadt Lhasa geboren. Der war da schon seit knapp einem halben Jahr als 14. Dalai Lama inthronisiert, anzureden also als Seine Heiligkeit. Zu ihren Kindheitserinnerungen gehören Besuche bei ihm gemeinsam mit ihrer Mutter. Hunderte von Stufen waren zu ersteigen, um in den berühmten Winterpalast zu gelangen. Sehr gerne soll ihr Bruder, hierin dann eben doch ein ganz normales Kind, über die frisch polierten Böden gerutscht sein.

1950 ging Jetsun Pema nach Indien, um dort zu lernen, zuerst in dem christlichen St. Joseph’s Convent in Kalimpong. Das spätere Studium führte sie in die Schweiz und nach England. 1964 kehrte sie, nunmehr Exilantin, nach Indien zurück, übernahm auf Bitten ihres Bruders die Leitung der dortigen Tibetan Children’s Villages, die nach den Prinzipien der SOS-Kinderdörfer geführt werden.

Die Sorge um die tibetanischen Flüchtlingswaisen hat seither ihr Leben bestimmt. Sie wurde dafür hoch geehrt, erhielt 1995 von der tibetanischen Exil-Nationalversammlung den Ehrentitel „Mother of Tibet“ und 2006 aus der Hand der schwedischen Königin den World’s Children’s Honorary Award.

Auch eine kurze Filmkarriere, wiederum zu Ehren ihres Bruders, hat sie gemacht, in Jean-Jacques Annauds „Sieben Jahre in Tibet“. Brad Pitt spielt darin den österreichischen Bergsteiger Heinrich Harrer, der zum Freund und Berater des jungen Dalai Lama wird. Für die Rolle der Schwester war Jetsun Pema da viel zu alt. So spielte sie eben seine und zugleich die eigene Mutter. Andreas Conrad

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