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Stadtleben: Die Stadt im Blick

Ein Berlin-Führer für Hiesige

Hoteladressen fehlen in diesem Berlin-Reiseführer. Mit Absicht, denn: Wer ihn kaufen soll, wohnt schon in der Hauptstadt. Und wozu brauchen Einheimische einen Marco Polo mit Insidertipps? Die haben sie doch selbst, denkt der Berliner und schlägt das Buch skeptisch auf. Die Kinos und Konzerthäuser kennt er, aber die ATM Galerie in der Brunnenstraße, in der internationale Street-Art-Künstler ausstellen, hat er noch nie besucht. Auch das Digital Art Museum (DAM) in der Tucholskystraße war ihm noch nicht untergekommen. Sieh an, die Stachelschweine im Europa-Center existieren auch noch. „Busladungen von Berlin-Besuchern“, so steht im Buch, sollen dort auftauchen. O je, auf den hier vermittelten „Lokalkolorit“ verzichtet der Einheimische gern.

Und geht lieber essen. Einige Etablissements kennt er, die gibt es schon lange. Das österreichische „Ottenthal“ in der Kantstraße zum Beispiel, den Chinesen „Good Friends“, einige hundert Meter weiter, und das französische „Bandol sur Mer“ in der Torstraße, bei dem erstaunlicherweise alle Welt einkehren will. So viel anderes reizt zum Testen. Blutwurst im Lokal „Josephine“ in der Bergmannstraße etwa, Currywurst von glücklichen Schweinen im „Frittiersalon“ in der Rykestraße oder vegetarischer Döner bei „Vöner & Wagenburger“ in der Boxhagener Straße. Vielleicht muss der Berliner auch mal einen echten Ausflug wagen, nach Hohenschönhausen etwa. Denn dort, in der Dorfstraße, gibt es das Café Lehmsofa, mit täglich frisch gebackenen Brownies und Torten. Fremdelnd blättert der Hauptstädter durch all die Essen-und-Trinken-Adressen und freut sich, wenn er etwas kennt. Die tadschikische Teestube in Mitte und ach, der alte „Deichgraf“ am Nordufer hat es auch wieder in den Marco Polo geschafft.

Das Nachtleben, liest der Berliner staunend, finde derzeit vielfach in Neukölln statt. Und in der längst verblichenen Bhagwan-Disco „Far out“ ist – wann war das denn? - der stilvolle „Club Noir“ eingezogen. VIP-Gäste dürfen in der Tiefgarage parken, heißt es. Angesagte Friseure, Fitness-Studios und Yoga-Institute sind aufgeführt, aber für so was reist der Berliner nicht. Das nutzt er – bequem und gut – in seinem Kiez.

Okay, man kann Berlin auch ohne dieses Buch neu entdecken. Aber es liefert viele Ideen. Und der Tipp mit der Bonbonmacherei in der Oranienburger Straße ist Gold wert, wenn der kleine Neffe aus der Provinz naht. kai

Marco Polo: Berlin für Berliner und Umgebung 2009. 248 Seiten, 9, 95 Euro

— Norbert Kron: Der Begleiter. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München. 272 Seiten, 11,95 Euro

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