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© ddp

Doku-Drama: Wölfe in Prenzlauer Berg

Das ZDF lässt unter der Leitung des Historikers Guido Knopp einen Film über das Schicksal einer Jugendclique im geteilten Deutschland drehen. Dabei werden Originalaufnahmen eng mit gespielten Szenen verwoben.

Die Geschichte dieses Ortes wäre allein fast filmreif: Erst wurde hier Bier fürs aufstrebende Berlin gebraut. Sechs Sorten verließen die Gewölbekeller der Königsstadt-Brauerei in der Saarbrücker Straße zwischen 1850 und 1921. In den Jahren danach zogen chemische Fabriken und Reinigungen ein. In der Nazizeit mussten hier Zwangsarbeiter schuften, die Flugzeugbauteile herstellten. Als die Bomben fielen, dienten die Gewölbe als Luftschutzkeller. Und nach dem Krieg wuchsen in den Räumen Champignons, die ein DDR-Betrieb züchtete. Seit Anfang der Woche lässt nun das ZDF hier Szenen eines Dreiteilers produzieren: Vier Jahrzehnte deutsche Nachkriegsgeschichte werden anhand zweier Familien in Ost- und in West-Berlin erzählt. Die Luftschutzräume in der Brauerei sind Ausgangs- und Endpunkt der Geschichte.

Hier trifft sich die Jugendclique „Die Wölfe“ (so der vorläufige Titel des Doku-Dramas) zum ersten Mal: Vier Jungen, zwei Mädchen schwören sich 1948 zwischen Trümmern, Stromausfällen und Ausgangssperren ewige Treue. In der zweiten Folge folgt 1961 der Mauerbau, der die Beteiligten abrupt trennt. In beiden Teilen der Stadt finden aus dem Kreis der früheren Jugendclique jeweils zwei Menschen in Liebe zueinander. Ein Wiedersehen gibt es erst im dritten und letzten Teil: Nach dem Mauerfall 1989 stehen sich die Protagonisten ganz unerwartet bei der Hochzeitsfeier ihrer Kinder gegenüber. Wieder ziehen sie sich in die Kellergewölbe unter der Brauerei zurück. Denn es gilt zu klären, ob Braut und Bräutigam eventuell denselben Vater haben … Der Schutt am Drehort ist für dieses Setting derselbe, nur steht in der Ecke jetzt ein abgewetztes Sofa im neonfarbenen Muster der achtziger Jahre.

Unter der Leitung des ZDF-Historikers Gguido Knopp entsteht ein Doku-Drama, bei dem Originalaufnahmen aus historischen Archiven eng mit gespielten Szenen verwoben werben. So eng, erklärt Regisseur und Drehbuchautor Friedemann Fromm, dass die Übergänge nicht immer zu erkennen sein werden. Auf diese Weise soll der Zuschauer ein „Gefühl von Realität“ bekommen, trotz der fiktionalen Einzelschicksale. Geschichte soll so erzählt werden, dass sich auch die Generation dafür interessiert, die ohne Mauer aufwächst.

Eng mit der deutschen Geschichte ist das Leben eines der Hauptdarsteller verbunden: Matthias Brandt, Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers und SPD-Vorsitzenden. Sein Vater Willy Brandt war zu der Zeit Regierender Bürgermeister, als die DDR am 13. August 1961 die Grenze schloss. Wenige Wochen später kam Matthias zur Welt – ausgerechnet am 7. Oktober, dem Gründungstag der DDR. Den Tag des Mauerbaus hat er also nicht erlebt – wie den Tag des Mauerfalls beinahe auch nicht: Er war gerade auf der Autobahn von Hannover nach Hamburg: unterwegs und wunderte sich, dass da „auf einmal lauter Trabis waren“. Auch sein Kollege Axel Prahl, der einen der Protagonisten des dritten Teils spielt, erlebte die Öffnung der Grenze nicht live: Er erholte sich damals im Hotel gerade von dem Dreh eines Werbefilms.

Ute Zauft

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