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Stadtleben: Doppeltes Fest, gemischte Gefühle

Jesu Geburtstag ist auch das Wiegenfest für Christina Trodler und 8430 Berliner Nicht jeder ist glücklich darüber, ein Weihnachtskind zu sein

Ihr Geburtstag ist für sie ein anstrengender Arbeitstag: Christina Trodler ist Pfarrerin. Einmal musste sie in drei Gemeinden nacheinander den Weihnachtsgottesdienst halten. Ihre damals kleinen Kinder hörten ihr dreimal geduldig zu, denn deren Vater predigte zur gleichen Zeit in seinen Gemeinden. Danach gab es zu Hause das Weihnachtsessen, dann die Bescherung. „Um halb zwölf fiel ich ins Bett, am nächsten Morgen ging es gleich weiter.“ Meistens hat sie ihren Geburtstag erst am 6. Januar gefeiert. Doch nie würde sich Christina Trodler über den Termin ihrer Geburt beklagen. „Ich hatte immer das Gefühl, an einem besonderen Tag Geburtstag zu haben“, sagt sie. Sie spricht von einer besonderen Nähe zu Christus. Dieses Jahr werden ihre Töchter sie bekochen, danach wird sie in der Taborkirche in Hohenschönhausen ihre Gottesdienste halten.

Nach der Erfahrung von Gabriele Schrader reagieren die meisten Eltern mit Schrecken, wenn sie erfahren, dass ihr Baby am 24.12. auf die Welt kommen soll. Schrader ist Hebamme am Vivantes-Klinikum am Urban in Kreuzberg. Die Eltern fürchten, dass ihr Kind niemals einen richtigen Geburtstag feiern kann, denn eigentliche ist an dem Tag ja Weihnachten. Im vergangenen Jahr wurden in Berlin pro Tag im Schnitt 81 Kinder geboren. Am 24.12.06 waren es 68, also relativ wenige. Schrader ist es bisher aber noch nicht passiert, dass Eltern die Niederkunft wegen des festlichen Geburtstermins beschleunigen oder verzögern wollten. „Wenn’s kommt, dann kommt’s.“

Ist der Nachwuchs tatsächlich an Heiligabend gekommen, wollen sichtlich viele Eltern ihr Kind mit diesem Problem nicht alleine lassen. Halbjahresgeburtstag heißt eine mögliche Lösung. In einem Elternforum im Internet berichtet Mutter Christine von ihrer Weihnachtstochter: „Wir haben schon mit eineinhalb Jahren den Halbjahresgeburtstag eingeführt. Also wird jedes Jahr am 24.6. ein großes Sommerfest gefeiert.“ Doch inzwischen fordert Christines dreijähriger Sohn ebenfalls eine zweite Geburtstagsfeier – und bald auch die kleine Tochter, fürchtet die Mutter.

Die Eltern des Kindes, das Hebamme Schrader in der Weihnachtsnacht im letzten Jahr zur Welt brachte, störte das Datum wenig: Sie sind Muslime. Gut, dass sich der höchste islamische Festtag nach dem Mondkalender richtet und jedes Jahr auf einen anderen Tag fällt. Dieses Jahr war das Opferfest am 20. Dezember.

Ute Zauft

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