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Bildhauer Siegfried Wehrmeister vor seiner wiederhergestellten Büste von Alfred Döblin

© Davids

Edelmetalldiebe: Alfred Döblin bekommt neue Büste

Edelmetalldiebe hatten die Büste von Alfred Döblin von ihrem Sockel entfernt und gestohlen. Nun wurde die Skulptur neu gegossen und steht in Bezirksbibliothek Friedrichhein-Kreuzberg. Eine Rückkehr in den öffentlichen Raum ist ein Wagnis.

Alfred Döblin ist wieder da! Der Schriftsteller begrüßt mit seinem einladenden Lächeln die Besucher der modernen Bezirksbibliothek in der Frankfurter Allee 14 a, und irgendwie passt die Bronzebüste ins Foyer dieser freundlichen Leselandschaft. Dennoch ist der Ort ein Provisorium. Döblin, Nervenarzt und Autor von „Berlin, Alexanderplatz“, hatte seine Kassenpraxis bis zur Emigration ganz in der Nähe, in der Frankfurter Allee 194. Dort, vor dem Kino „Kosmos“, stand ursprünglich die Büste auf einem Sockel und zierte den öffentlichen Raum, „denn da gehört unser Alfred Döblin eigentlich auch hin“, sagte Klaus Staeck, der Präsident der Akademie der Künste, gestern zur kleinen Feier der zweiten Büstenenthüllung.

Im vorigen Jahr hatten Buntmetalldiebe die von Siegfried Wehrmeister geschaffene Bronze-Porträtplastik vom Sockel gerissen und geklaut, bis heute sind die Täter nicht gefasst. Ähnliches geschah mit einem Relief im Böcklerpark – abmontiert, wegtransportiert, zu Geld gemacht und eingeschmolzen. Klaus Staeck nutzte die Enthüllung des neu gegossenen Döblin-Duplikats für eine scharfe Attacke gegen den Kulturvandalismus, dem nicht nur diese eine Büste von Alfred Döblin zum Opfer gefallen ist. „Wir haben zahlreiche Beispiele und eine lange Liste aus dem ganzen Land für diese Art von Kulturbarbarei“, empörte sich der Akademie-Präsident und erzählte, dass man überlegt, wie die Akademie ihre Henry-Moore-Plastik schützt, denn „neuerdings fällt anscheinend alles, was nicht niet- und nagelfest ist, den Dieben zum Opfer – vom Kunstwerk im öffentlichen Raum über Kupferkabel und Gullydeckel bis zu stählernen Klotüren auf der Autobahn“. Es sei „eine Art Niederlage“, dass wir uns nicht trauen, diese Plastik dem öffentlichen Raum anzuvertrauen. „Entweder, wir lassen uns etwas einfallen – oder wir resignieren vor der kriminellen Energie, mit der wir es hier zu tun haben“, sagte ein ratloser Präsident und empfahl, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Leute stolz sind auf die Kunst und die Künstler und dass sie diese Werte auch beschützen. „Oder sollen wir nur noch Bakelit verwenden?“

Hier half der Zufall, dass ein Neuguss möglich wurde, weil die Gipsform noch vorhanden war – und weil bürgerschaftliches Engagement und finanzielle Zuwendungen die 12 000 Euro für das Duplikat herbeizauberten. Auch Döblins Sohn Stephan spendete für Vaters Kopf, der eines Tages wieder im Freien stehen soll. Nur jetzt nicht. Denn die Verhältnisse, die sind nicht so. Lothar Heinke

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