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Erotische Filme: Schatz, wir gehen heute ins Sexkino

Hier muss keiner einen roten Kopf bekommen: In einer neuen Reihe im Kino Moviemento werden erotische Filme gezeigt. Keine Schmuddelstreifen, sondern welche mit Botschaft. Und hinterher wird darüber entspannt geplaudert.

Im kleinen Kinosaal des Moviemento sitzen rund vierzig Menschen unterschiedlichen Alters, sie trinken Rotwein und unterhalten sich leise. Mehrere Pärchen sind darunter, auch kleinere Gruppen und manch einzelner Besucher. Eine bunte Mischung also – wie in jeder Kinovorstellung. Doch zugleich mustert man sich verstohlen etwas neugieriger als sonst üblich. „Wer sind wohl die anderen, die heute hier sind?“

Das weiß Silke Maschinger, die zusammen mit ihrem Ehemann Enno E. Peter seit einem Jahr die erotische Reihe „Salon-Kino“ veranstaltet, die am heutigen Dienstagabend wieder am Kottbusser Damm stattfindet. „Hierher kommen erwachsene Menschen, die ein Bedürfnis haben, sich über Sexualität und Erotik zu informieren und auszutauschen“, sagt die 39-Jährige. „Und das jenseits von Schmuddelseiten im Internet, emotionslosen Techniktipps für den ultimativen Orgasmus oder von problemorientierter Sexualtherapie.”

An jenem letzten Abend wird im Moviemento der spanische Film „Lucía und der Sex“ gezeigt, wie alle Filme der Veranstaltungsreihe in synchronisierter Fassung. Vor Filmbeginn treten Maschinger und Peter vor und erzählen ein wenig über die Hintergründe des auf Formentera gedrehten Werkes. Und sie geben den Tipp, genau auf seine Symbolik zu achten: Ein großer Leuchtturm und metertiefe Erdlöcher sind tiefenpsychologisch betrachtet dabei keine allzu harten Nüsse. Während des Films scheint dann nicht jeder Besucher seine Erwartungen erfüllt zu sehen: Aus einer Ecke ist konstant ein leises Schnarchen zu vernehmen und ein älterer Gast verlässt nach einer Stunde den Saal.

Doch als man nach der Vorstellung im Wintergarten des Kinos zusammenkommt, äußern sich die meisten Gäste im lockeren Gespräch miteinander positiv über den Film. „Er ist zwar kein Sex-Streifen, aber er pflegt eben auch keine Tabus“, sagt ein Gast, der zum dritten Mal das Salon-Kino besucht. Die Offenheit im Umgang mit dem Thema Erotik kennzeichne alle der ausgewählten Werke wie Bertoluccis 1972er Skandalfilm „Der letzte Tango in Paris“ oder auch den aktuellen Erotikthriller „Chloe”. Warum besucht er diese Kinoabende? „Bestimmt nicht, um mir Sexszenen anzusehen. Das hat im Zeitalter von Internet und Youporn wohl kaum noch jemand nötig.“ Es sei vielmehr interessant, sich mit anderen über das große und teilweise noch immer unnötig tabuisierte Thema Sexualität auszutauschen – ohne sich gleich ausziehen oder anfassen zu lassen.

Das sieht auch Maschinger so, die als Erotik-Coach arbeitet und das Buch „Spielarten der Lust“ geschrieben hat. Vor fünf Jahren zog die Sozialwissenschaftlerin aus Köln nach Berlin, weil sie die „Hauptstadt der Erotik” lockte, wo unter anderem ein Pornofilmfestival und ein erotisches Literaturfestival stattfinden. Innerhalb kurzer Zeit lernte die dunkelhaarige Friedrichshainerin ihren heutigen Mann kennen, der wie sie auch schon lange über eine Möglichkeit nachdachte, eine erotische Veranstaltungsreihe zu etablieren: Bereits beim zweiten romantischen Treffen wurde die Idee zum „Erotischen Salon“ geboren. Die seit fünf Jahren stattfindende unterhaltsam-informative Talkshow mit Experten behandelt von SM-Sex über Tantra und Kuschelparties bis hin zu Prostitution und Swingerclubs nahezu alle denkbaren Themen. „Wie bei den Filmabenden geht es dabei aber nicht ums Plakative, sondern um die Menschen hinter diesen Begriffen“, sagt Maschinger. So wolle man anderen Mut machen, den eigenen Weg hin zu einer selbstbestimmten Sexualität zu gehen.

Salon-Kino am 20. April um 20 Uhr mit „All about Anna“ (FSK 18) im Moviemento, Kottbusser Damm 22, Karten 10 Euro. Der nächste erotische Salon findet am 1. Juni um 20 Uhr im Soda-Club in der Kulturbrauerei statt, die Tickets kosten 12 Euro. Infos auf www.erotischer-salon.de oder unter der Telefonnummer 42 08 11 71.

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