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© dpa

Fashionweek: Hochhackig am Hafen

Aufmarsch vor der Lagerhalle: Mit einer Modenschau auf dem Behala-Gelände begann am Donnerstag die Fashion Week.

Die Organisatorin der Fashion Week, Lynn Longendyke, hat recht: Die Berliner sind pünktlich. Mit noch nicht mal fünf Minuten Verspätung wird die dritte Mercedes-Benz-Fashion-Week von Wirtschaftssenator Harald Wolf eröffnet. Dieses Mal ist ja auch nicht Topmodel Naomi Campbell dabei, die die Presse zwei Stunden warten ließ. Dafür sagte Wolf gleich was Schlaues: „Mode ist die Suche nach Antworten.“ Das könnte in diesem Fall die auf folgende Fragen sein: Wo komme ich her, wo will ich hin, und was ziehe ich dazu an.“ Auf Berlin bezogen gibt Wolf dazu gleich Auskunft: In den zwanziger Jahren eroberte, nur ein paar Straßen entfernt, die Konfektion vom Hausvogteiplatz aus die Welt. Jetzt soll das Gleiche also vom Bebelplatz aus passieren. „Mode ist vom Imagefaktor längst zu einem Wirtschaftszweig geworden“, sagt Wolf.

Deshalb denkt Norbert Tillmann, der Macher der Modemesse Premium auch darüber nach, in seinen Hallen am ehemaligen Postbahnhof am Gleisdreieck noch ein Stockwerk einzuziehen – mit 850 Marken ist die heute beginnende Veranstaltung mehr als ausgebucht.

Aber erst einmal musste das Modevolk zum Westhafen pilgern, um sich die Zukunft der Mode anzuschauen. So viele Highheels, Kleidchen und schmale Anzüge haben die Hafenarbeiter dort noch nie gesehen, erst recht nicht mittags um zwölf. Das Metzinger Modeunternehmen Hugo Boss hatte eine der Backsteinhallen direkt am Hafen gemietet. Da standen nun all die Promis, wie die Schauspieler Kim Cattrall, Mischa Barton, Rupert Everett und Nastassja Kinski oder der Fußballer Christoph Metzelder an der Kaimauer und schlürften püriertes Obst, ehe sie zu ihren Plätzen in der Halle geleitet wurden.

Dort zeigte Bruno Pieters, Shootingstar der Pariser Mode und die zweite Saison für die avantgardistische Linie Hugo verantwortlich, seine Kreationen. Und der belgische Designer nimmt seine Arbeit ernst. Er setzt sie da fort, wo er im Januar, als seine erste Kollektion im Tempelhofer Flughafen mit viel Applaus gewürdigt wurde, aufgehört hat. Zur Inspiration Bauhaus kommt nun die Tristesse von Thomas Manns Zauberberg: weiße Dinnerjacketts über Hemden mit Vatermörderkragen, steife Fliegen, streng zurückgekämmte Haare für sie und ihn – das sieht nicht nach einer lockeren Abendverabredung aus.

Spielerisch war das nicht, eher mathematisch perfekt ausgearbeitet und damit eben fast zu nah am Klischee, wie deutsche Mode aussehen soll. Die Aufgabe, die sich Bruno Pieters gestellt hat: Nimm Schwarz und Weiß und kombiniere dazu die Farben Beige und ein kräftiges Yves- Klein-Blau, und schaue, wie viele Kombinationsmöglichkeiten dabei herauskommen.

Mit solchen Gedankenspielen konnten sich die Zuschauer getrost beschäftigen: Das Gezeigte war so konzentriert an den Körper geschneidert, dass jede Falte, jede Pattentasche klar zu erkennen war. Und weil Pieters auf Muster und Volumen ganz verzichtete, waren die scharf geschnittenen Klappentaschen auf einer Jacke, die kleinen Wülste am Schulterabschluss und die tiefen Bundfalten nicht nur Funktion, sondern Form gebendes Element. Für seine Kollektion bekam Bruno Pieters mehr als warmen Applaus.

Als Nächstes war dann gleich eine Berliner Designerin an der Reihe zu zeigen, dass sich hier einiges tut. Zerlina von dem Bussche mit ihrem Label Sisi Wasabi konnte die Hoffnung, dass auch Kleidung aus Berlin relevant sein kann, mit ihren farbenfrohen Entwürfen erfüllen: Orangefarbene Kleider mit Origami gefältetem Bustier, eisblaue Overalls, militärisch streng geschnittene Mäntel – all das gefiel auch Cora Schuhmacher, die mit ihrem Rennfahrer-Ehemann Ralph Schumacher gekommen war und die man sich sehr gut in den nicht gerade alltagstauglichen, glänzenden Seidenkleidern vorstellen kann. Und auch für Obelix Frau wäre etwas dabei gewesen: Ein tropfenförmiges, bodenlanges Abendkleid aus grau und orangefarben gestreiftem Satin mit einem mit Münzen dicht an dicht behängten Oberteil war ein gelungener Abschluss.

Wenn es mehr solcher Schauen in den nächsten Tage gäbe, müssten sich die Veranstalter keine Sorgen um die Zukunft der Mode in Berlin machen und Harald Wolf ist bei der Suche nach Antworten geholfen.

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