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© Steinert

FEZ: Neue DDR-Ausstellung für Kinder

Das Kindermuseum in heikler Mission: Im FEZ zeigt es die neue Ausstellung "Sag, was war die DDR?".

Ja, was war sie denn nun, die DDR? Der so seltsam untote Staat pfuscht immer noch jeden Tag irgendwie in unser Leben hinein – da kann es nicht schaden, ab und zu ein wenig Anschauungsmaterial anzuhäufen. Und wenn dieses Material dann auch noch für Kinder geeignet ist, die in der Schule oft nach dem Zufallsprinzip mit fragmentarischem Wissen abgespeist werden, ist das umso besser.

Das Kindermuseum im FEZ in der Wuhlheide wagt jetzt unter dem Motto „Sag, was war die DDR?“ einen Erklärungsversuch aus einer doppelten Perspektive: Das Leben der Kinder und Jugendlichen wird quasi naiv aus ihrer Sicht geschildert, gleichzeitig aber aus heutiger Kenntnis interpretiert und erklärt. Pionierromantik und Propaganda, Ferientagebuch und Stasi, Ernst Thälmann und westliche Popstars.

Eine der Schlüsselfiguren heißt Annette, ein Mädchen, das 1981 ins Visier der Stasi geriet; die Akte „Punk“ liegt zum Durchblättern aus. Annette, bekennende Punkerin, hatte damals ein Gedicht geschrieben und in Umlauf gebracht: „Wir sind im Unrecht/wo immer wir bleiben/in dieser Stadt dürfen wir uns nur mit Arbeit die Freizeit vertreiben.“ Und so weiter. Die Quittung: sieben Monate Haft. Solche brachialen Eingriffe der Staatsmacht kontrastieren eindrucksvoll zu den liebevoll mit sorgfältiger Kinderhandschrift ausgestalteten Tagebüchern, die das Leben der Kinder in der DDR als eine scheinbar harmlose Abfolge von fixierten Ritualen kenntlich werden lassen – so lange sie sich auf dieses vorgeschriebene Leben eben einließen.

Geschrieben wurde dort, sobald einer nur schreiben konnte, beispielsweise formelhafte Bekenntnisse zum „30.Jahrestag der Pionierorganisation Ernst Thälmann“ – den hoch politischen Charakter dieser Einrichtung konterkarieren die Kinder mit Anmerkungen wie: „Das Beste war die Geburtstagstombola“. Bekenntnisse auf Bestellung und Befehl: „Hände weg von Vietnam“. Initiationsrituale: Das aus Kunstfasern gewobene „Präsent 20“-Sakko von VEB Herrenmode Dresden markierte in seiner steifen Spießigkeit den Eingang in den Ernst des realsozialistischen Lebens.

Weitere Rituale folgten, Floskeln, Formalien, je höher, desto schlimmer: Die „Jahreszielstellung“ begleitete in ihrem eisigen Ton sozialistisch-bürokratischer Selbstkritik das Leben der ausgewählten Sportschüler mit Sätzen wie: „Dieses Jahr stelle ich mir im sportlichen Bereich die Zielstellung, konzentriert den gestellten Anforderungen nachzukommen und sie bewußt auszufüllen.“ Das Trainingstagebuch des Turn- und Sportbundes: Ein vorgedrucktes Elaborat der „Propagandaabteilung“ eben dieses Sportbundes - solche Details zeigen, wie der Es-war- nicht-alles-schlecht-Staat jede Lebensäußerung seiner Bürger vom Krippenalter aufwärts in den Griff nahm.

Die Ausstellung fasst ihre Themen in kleinen räumlichen Szenerien zusammen, die sich ebenso zur Sachdarstellung wie zur sanften Ironisierung eignen: Oben über den Bekenntnissen der Sporthoffnung Katrin thront das Bild von Conan, dem Barbar, einer durchaus westlichen Ikone. Die Mängel der Lebensmittelversorgung werden ebenso sachlich angesprochen wie das Grenzregime der DDR, das ein wenig aus der Systematik der Ausstellung herausfällt, weil es der kindlichen Anschauung kaum zugänglich war. Wo es geht, werden moderne Medien eingesetzt, auch wenn das Prädikat „interaktiv“ ein wenig vollmundig wirkt. Doch wer die kleine Ausstellung aufmerksam durchwandert, der weiß mehr über die Realität des untoten Landes DDR – zumal Lehrer mit ihren Schülern sollten sich das nicht entgehen lassen.

Bis 21. Dezember, Kindermuseum im FEZ Wuhlheide, Eintritt 3, Familien 8 Euro, geöffnet Mi 15-18, Sa 13-18, So 10-18 Uhr, Gruppenreservierungen unter 53071-333.

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