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Flashmob: Mauerfall aus Menschen

Zwei Kreative haben eine Vision: Am 9. November sollen sich 47.000 Berliner aneinanderreihen – entlang des einstigen Grenzstreifens.

Die Idee ist so einfach. So passend. Und doch ziemlich verrückt. Der britische Performance-Künstler Martin Butler, 39, und die Friedrichshainer Designerin Leigh Haas, 36, wollen am 9. November die Mauer wieder aufbauen – nicht aus Steinen, sondern mit Menschen. Und anschließend gleich wieder einreißen.

„Die Mauer war die symbolische und wichtigste Trennlinie zwischen Ost und West in Europa“, sagt Martin Butler. Mehrmals im Jahr kommt er aus Amsterdam in die Stadt: „Berlin ist der Haupttreffpunkt für Künstler in Europa.“ Wie für seine Freundin und Kollegin Leigh Haas: „Ich bin nach Berlin gekommen, als die Mauer gefallen ist.“ Die Schottin ist Spezialistin in visueller Kommunikation und betreibt in Mitte das Event-Design-Studio „Flora & Faunavisions“. Zu ihren Auftraggebern gehören die Großen: Fluggesellschaften, die Berlinale, die Philharmoniker, Autokonzerne oder Modemarken. Man könnte auch sagen, ohne den Fall der Mauer am 9. November 1989 gäbe es das alles nicht.

Auch deshalb wollen Martin Butler und Leigh Haas ihre Idee umsetzen. Konkret geht es um den Verlauf der Mauer in Berlin, 47 Kilometer sind es von Lübars bis Rudow. Ihre Vision: Am Abend des 9. November sollen 47 000 Menschen Hand in Hand genau auf dieser Linie stehen. Der Plan: Die Teilnehmer verabreden sich im Internet, besprechen die Treffpunkte für Gruppen aus 470 Leuten, stellen sich um 20 Uhr auf und streben nach einer halben Stunde wieder auseinander.

„Dieses Kunstprojekt wird der Wahnsinn sein“, sagt die Designerin. „Die Mauer ist durch Menschen gefallen, ohne den Druck auf der Straße in den Wochen zuvor wäre das so nicht passiert. Das 20 Jahre später mit dem Volk wieder zu stemmen – das ist der Gedanke dahinter.“

Flashmob werden solche Aktionen genannt, Blitzauflauf also, bei denen Menschen scheinbar spontan auf öffentlichen Plätzen zusammenkommen. Verabredet wird derlei übers Internet. Seit einigen Tagen ist das Projekt auf der Internetplattform Facebook im Netz zu finden, per Suchmaschine wie Google unter: „recreating berlin wall the worlds biggest flashmob“.

Bislang haben fast 1200 Menschen ihre Teilnahme zugesagt, jeden Tag werden es mehr. Wenn das Projekt im Juni richtig anläuft, rechnet Haas täglich mit einer Verdopplung der Zusagen. In London seien kürzlich binnen drei Wochen 22 000 Leute zusammengekommen. „Das wird eine riesige Herausforderung. Aber wir sind alle digital vernetzt. Wenn ich den zehn richtigen Leuten Bescheid sage“, glaubt er, „dann habe ich in fünf Minuten 100 zusammen. Flashmob hat eine unglaubliche Kraft.“

Nun suchen Haas und Butler Sponsoren. Im Juni soll eine Internetseite ins Netz gehen, auf der alles organisiert wird. Der Aufwand ist groß, das weiß auch Leigh: „Wir müssen koordinieren, wer wo hingeht. Jemand aus dem Prenzlauer Berg muss ja nicht nach Friedrichshain und Kreuzberg.“ Und kein Anwohner aus Lübars soll nach Rudow fahren.

An der Aktion verdienen wollen die beiden Künstler nichts, aber ein Team von zehn Leuten wollen sie bezahlen können. Und einen Hubschrauber, mit dem die Aktion aus der Luft dokumentiert wird. Und wenn das nicht klappt mit dem Geld? „Machen wir das trotzdem“, sagt Haas. „Dann mit kleineren Mitteln.“

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