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© Haid

Frohe Weihnacht: Stille Nacht? Von wegen!

200 Weihnachtsmänner rollten am Sonnabend durch die Stadt und brachten am Ende ihrer Tour Moabiter Kinder zum Lachen

Ein grüngesichtiger Weihnachtsmann? Hat man hier selten. In Amerika ist der Grinch Kult im Kinderzimmer – ein Fiesling, der Weihnachten gestohlen hat. Hier aber hat das grüne Monster, trotz des Films mit Jim Carrey, noch einige Popularitäts- und Bekanntheitsdefizite zu beklagen. Schon verständlich, dass sich der eine oder andere Knirps aus der Moabiter Kinderküche in der Oldenburger Straße 23 gerade vor ihm ein wenig gruselte, als er am Samstagnachmittag mit rund 200 vertrauten Weihnachtsmännern und Frauen dort einrollte mit viel Gedonner.

Der Verein Santa Claus on Road hatte seinen alljährlichen Auftritt, zur bereits elften „Berlin Christmas Biketour“. Das sind recht sattelfeste Männer und Frauen auf dicken Maschinen, Harleys bevorzugt, die sich zur Adventszeit einen Spaß daraus machen, erst durch die halbe Stadt zu donnern und dann in mal dieser, mal jener sozialen Einrichtung bedürftige Kinder mit Weihnachtspräsenten zu überraschen. Diesmal nun eben in Moabit, in der Einrichtung des Familienschutzwerks.

In Steglitz war die Karawane gestartet, vorneweg ein offener Lastwagen mit einer Blaskapelle, danach die dicken Maschinen mit Weihnachtsmännern und -engeln, dem einen oder anderen motorisierten Elch und eben dem Grinch. Das Hauptgeschenk an die Einrichtung, eine neue Küche im Wert von 4000 Euro, war schon am Vortag geliefert und installiert worden, gestern folgten nun weitere Präsente, Praktisches wie Hochstühle, Staubsauger – und nicht zu vergessen Präsente für die junge Kundschaft der Kinderküche.

Die lesekundigen Ältesten unter ihnen wussten wohl Bescheid, auch die Zwerge ahnten was – und waren dann doch völlig aus dem Häuschen, als gegen 16.30 Uhr der Zug der roten Männer in ihrer Straße, ja direkt an ihrem Haus vorfuhr – die absolute Sensation im Kiez. Ein Kreischen, Jauchzen, Jubilieren hob an und wollte während das einstündigen Besuchs kaum verstummen.

Die Kinderküche in Moabit wurde erst im vergangenen Juli eröffnet und kümmert sich um Kinder aus sozial schwachen Familien. „Wir möchten Berliner Kinder satt machen“, sagte der Vorsitzende des Familienschutzwerks, Phil Schneider. „Die Armut darf nicht zu Hunger führen, deshalb bieten wir den besonders bedürftigen Kindern jeden Mittag ein kostenloses, gesundes und leckeres Essen an.“ Mit dem Projekt wollen er und seine Helfer gegen die Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern ankämpfen. Den Anstoß zu dem 2007 gegründeten, religiös und politisch neutralen Verein war der Tod der kleinen Jessica, die nahe von Schneiders damaliger Wohnung in Hamburg verhungerte. „Eine regelmäßige und gute Ernährung ist eine grundlegende Voraussetzung für die körperliche, seelische und geistige Entwicklung von Kindern und damit auch ihres Lernens und ihres Lernerfolgs“, sagte Schneider. Kinder, die schon beim Essen zu kurz kämen, hinkten auch mit den schulischen Leistungen meist hinterher. Die Kinderküche bietet deshalb nicht nur Essen an – jedes Kind bekommt zusätzlich Hausaufgabenhilfe und individuelle Unterstützung. Im Moment kümmert sich das Familienschutzwerk in Moabit um 23 Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren.

Immer wieder lassen sich Phil Schneider und die anderen Betreuer neue Unternehmungen und Überraschungen einfallen. Diesmal kamen eben 200 Weihnachtsmänner.

Kathi Haid

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