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Interview mit Smudo über Tempelhof und Schönefeld: „Berlin ist irre aus der Luft!“

Smudo, Rapper von den Fantastischen Vier, nimmt am Protestflug nach Tempelhof teil – als Pilot.

Willkommen im Landeanflug auf „THF“, Tempelhof-Airport …

… und hier ist „D-E-I-Z-K“, so lautet meine Flugzeugkennung.

Na dann: Hallo, Smudo. Am Sonnabend steuern Sie eines von 100 Flugzeugen beim Sternflug nach Tempelhof, um gegen die Schließung zu protestieren.

Ja, weil ich entsetzt bin über die kruden Pläne der Politiker. Berlin will doch Europas Kulturmetropole sein, oder?

Was ist denn das Besondere an diesem Flughafen?

Aus Sicht des Piloten? Erst einmal das fantastische Gefühl beim Anflug.

Erzählen Sie.

Aus Hamburg fliege ich erst viele Kilometer über karge Ödnis, Felder und Wiesen, und weit hinten sieht man dann plötzlich an heißen Tagen eine gewaltige Smogglocke, eine riesengroße Betonplatte. Das ist Berlin! Ich nähere mich also von Potsdam in 800 Metern Höhe, noch sind es fünf Minuten …

… und dann sehen Sie den Bahntower?

Nein, erst sehe ich die Krumme Lanke und die Tümpel, die so ein bisschen aussehen wie der Amazonas. Dann sieht man die drei Türme des Kraftwerks in Lichterfelde, weit hinten den Fernsehturm, der heraussticht wie eine feine Nadel – und dann die Wiese in Tempelhof. Der Flughafen sieht aus wie ein Park. Berlin ist irre aus der Luft!

Entschuldigung, aber das hört sich …

… nach Flugzeugromantik an? Ja, na klar, auch das. Ich bin Tempelhof-Fan, sonst würde ich ja nicht in meiner Freizeit an diesem Protestflug teilnehmen. Ich kann aber auch als Geschäftsmann nicht verstehen, wieso ein derart wichtiger Flughafen dichtgemacht werden soll.

Sie sind gegen den neuen Großflughafen BBI in Schönefeld.

Nein, bin ich nicht. Ich glaube nur, dass wir – die kleinen Sichtflieger – dort nicht hingehören, weil der gewaltig groß wird. Ich mein’, ich brauche 400 Meter, um zum Stehen zu kommen – in Schönefeld sind die Rollbahnen aber 4000 Meter lang, da stören wir doch nur, oder soll der Jumbo hinter mir etwa langsamer fliegen?

In BBI sollen die Kräfte gebündelt werden.

Aber Tempelhof ist doch keine Konkurrenz zu BBI, sondern eine Entlastung! Berlin darf nicht dieselben Fehler machen wie München. Die Bayern haben eine große Dummheit begangen, als sie in den 90ern den innerstädtischen Flughafen Riem geschlossen haben. London hat auch mehrere Flughäfen – die großen für die Ferienflieger am Stadtrand und den City-Airport im Zentrum. Da können Geschäftsleute, Politiker, Vips landen.

Die Elite also.

Mein Gott, dann landen in Tempelhof halt auch Schickimicki-Schauspieler, aber sie sind doch nicht die Mehrheit. Aber ihr habt die Berlinale, jetzt wieder die Popkomm, all die Messen, da kommen so viele Firmenbosse aus ganz Europa, die nur zwei, drei Stunden in der Stadt sein können, schnell ihre Geschäfte machen und zum nächsten Termin fliegen. Sollen die sich erst in die S-Bahn setzen, um ins Zentrum zu rollen?

Warum nicht?

Das ist doch Polemik! Wegen mir, dem Hobbypiloten mit seinen 300 PS, muss Tempelhof auch nicht offen bleiben. Ich kann aber nicht verstehen, warum dieser Flughafen nie als Stärke der Stadt wahrgenommen wird, sondern nur als Hindernis. So viel Wirtschaftskraft hat Berlin wirklich nicht, als dass es sich leisten könnte, Unternehmern die Arbeit zu erschweren. Da bin ich als Rot-Grüner enttäuscht von der Landesregierung. Tempelhof hat Tegel ja auch nie gefährdet.

Das Gespräch führte André Görke

SMUDO:

DER PILOT

Seit 2004 ist Smudo Pilot, sein Flugzeug steht nahe Hamburg auf einem kleinen Flughafen. Am Sonnabend fliegt der 39-Jährige eine von 100 Maschinen, die am Sternenflug auf Tempelhof teilnehmen.

DER MUSIKER

Smudo ist Rapper und Texter einer der erfolgreichsten Hiphop-Bands – den Fantastischen Vier („Die da?!“, „Populär“, „MfG“ oder „Troy“). Der Musiker heißt mit bürgerlichen Namen Michael Bernd Schmidt.

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