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Jüdisches Zentrum: Glamour im Gemeindezimmer

Eine neue Ausstellung erinnert an die vergangenen 50 Jahre des Jüdischen Zentrums in der Fasanenstraße. Dort findet am Sonntag auch ein Straßenfest statt.

So schön kann Heiraten aussehen: Vor vierzig Jahren hat sich hier Lala Süsskind getraut, die heutige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Was seit der Eröffnung im September 1959 noch im Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße 79 passiert ist, zeigt die Ausstellung „Symbol des Neuanfangs“, die dort im Rahmen der Jüdischen Kulturtage ab Sonntag zu sehen ist.

Die Kuratorin Esther Slevogt hat Fotos und Dokumente zusammengestellt, die von Momenten erzählen, in denen im „Gemeindewohnzimmer“ gefeiert oder diskutiert wurde, und in denen auch immer wieder dramatische Ereignisse wie der Sechs-Tage-Krieg oder das Olympia-Attentat Thema waren: Auf einem der Fotos versuchen Jugendliche, sich vom Gemeindehaus aus für den Militärdienst in Israel zu melden, um das Land im SechsTage-Krieg zu unterstützen. Und der Produzent Artur Brauner zündet für die Opfer der Anschläge von München eine Kerze an.

Auch Karel Gott ist in der Ausstellung in guter Gesellschaft: Neben dem postergroßen Schwarz-Weiß-Bild des Sängers, der 1965 in der Fasanenstraße aufgetreten ist, schütteln sich Konrad Adenauer und Heinz Galinski, der langjährige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, die Hände. Galinski war auch einige Jahre lang Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Daneben hängt Israels ehemalige Regierungschefin Golda Meir, die das Haus 1975 besucht hat.

Die Bilder deuten vieles von dem an, was in den vergangen 50 Jahren im jüdischen Gemeindezentrum passiert ist, das im September 1959 von Berlins Regierendem Bürgermeister Willy Brandt eingeweiht wurde. Er prangt dort heute fast lebensgroß auf einer Art Fototapete.

Die Geschichte des Grundstücks der Jüdischen Gemeinde hatte schon 1912 begonnen, mit der Einweihung der damaligen Synagoge. Am 9. November 1938 wurde das Gotteshaus zerstört. Die Ruine blieb 19 Jahre erhalten, bis sich Heinz Galinski dazu entschloss, sie abzutragen und stattdessen ein jüdisches Kulturzentrum zu errichten, im typischen Stil der fünfziger Jahre. Zum 60. Geburtstag bekam Galinski den Bau auch noch als cremige Miniatur-Torte geschenkt. Der Mehrzweckraum im ersten Stock wird seit 50 Jahren als Synagoge genutzt, aber auch als Festsaal. Zu den religiösen Feiern kam auch die Prominenz gerne in die Fasanenstraße: Auf den Purimball 1965 zum Beispiel der Boxer Bubi Scholz und Schauspieler Harald Juhnke.

Schon kurz nach der Eröffnung begannen Heinz Galinski und seine Mitarbeiter aber auch, im Kulturzentrum Ausstellungen zu organisieren, in denen es unter anderem um den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg ging. „In diesem Haus ist in einer Zeit viel Aufklärungsarbeit geleistet worden, als der Rest der Gesellschaft noch nichts von diesen Themen wissen wollte“, sagt die Kuratorin Esther Slevogt. Das Gebäude ist in den ersten Jahren übrigens nicht eingezäunt, sondern frei zugänglich gewesen. Was heute kaum noch vorstellbar ist.Die Vernissage der Ausstellung ist am morgigen Sonntag um 12 Uhr – dann startet in der Fasanenstraße auch ein Straßenfest. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 31. Dezember montags bis donnerstags von 10 bis 20 Uhr, freitags von 10 bis 14 Uhr und sonntags von 10 bis 18 Uhr. Infos zu den Kulturtagen, die bis 6. September dauern, unter: www.juedische-kulturtage.org

 Rita Nikolow

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