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Keine Förderung: Das türkische Theater Tiyatrom ist am Ende

Nachdem der Senat die Förderung gestrichen hat, steht das älteste türkisches Theater vor dem Aus.

Eine angespannte Situation zwischen einem jungen türkischen Paar: "Warum willst du mich nicht, bist du eine Hure oder was?", schreit der junge Mann. Seine Freundin schreit zurück: "Was wäre, wenn ich Ja sage?" Daraufhin er: "Na ja, wäre eigentlich kein Problem." Lachen im Publikum. "Ich will, dass du die Mutter meiner Kinder wirst." Doch genau da liegt das Problem: Seine Freundin will keine Mutter sein, sondern eine Karrierefrau. Deshalb will sie sich trennen.

Die Liebeskomödie "Paspal" ist eine von vielen Aufführungen im türkischen Theater Tiyatrom, bei denen Jugendliche ihr Schauspieltalent zeigen können. Seit 25 Jahren bietet die Kreuzberger Bühne ein Forum für Theater in der Muttersprache der türkischen Einwanderer. Doch seit der Senat die Projektfördergelder gestrichen hat, ist das Haus hoch verschuldet. Nach einem Jahr ohne Fördermittel steht das älteste türkische Theater in Deutschland vor seinem Aus.

Zuvor hatte der Senat dem Tiyatrom jährlich 223.000 Euro überwiesen. 2008 erhielt die Bühne nur noch eine kleine "Zuwendung für die Abwicklung" des Theaters. "Wir setzen auf zeitgenössische, innovative Kulturprojekte", erklärt Torsten Wöhlert, Sprecher der Kulturverwaltung. Das Tiyatrom entspreche diesen Anforderungen nicht. "Es gab in den letzten Jahren immer wieder Bemühungen, das Theater zu modernisieren, etwa durch einen Beirat", sagt Wöhlert. 2007 habe das Abgeordnetenhaus entschieden, das Geld auf das Ballhaus Naunynstraße "umzuwidmen". Das Kreuzberger Kulturhaus erreicht laut Wöhlert die nächste und übernächste Generation von Migranten - anders als das Tiyatrom.

Wenig Chancen für den Erhalt des Theaters

Im Foyer des Tiyatrom sitzt Yekta Arman, Theaterpädagoge und Bühnenleiter, Prototyp eines bürgerlichen Türken, mit Wollpulli, Brille und Schnauzbart. "Berlin hat über hundert Moscheen, da wird ein Theater in türkischer Sprache ja wohl nicht zu viel sein", sagt er aufgebracht. Die Entscheidung des Senats versteht Arman nicht. "Berlin könnte stolz sein auf das Tiyatrom", sagt er. Eine Schließung könne er nicht akzeptieren.

Nach erfolglosen Gesprächen mit Staatssekretär André Schmitz versucht der 55-Jährige nun, das Theater zu retten - durch Sparen und Spendensammeln. "Das größte Problem ist die Miete", klagt er. Bei einer Galaveranstaltung Ende Januar erhielt er auf der Bühne Spenden. "Das ist euer Theater", rief er ins Mikrofon und erhielt stehende Ovationen im voll besetzten Saal. Aus Zehlendorf und Steglitz waren sie angereist, türkisches Bildungsbürgertum, das sich offenbar verantwortlich fühlt für das muttersprachliche Theater.

Eine deutschtürkische Pattsituation? Sprecher Wöhlert sieht wenig Chancen für die Erhaltung des Theaters. Eine Option gäbe es allerdings: Yekta Arman könnte Gelder für die kulturelle Bildung von Jugendlichen beantragen. Dann könnte er mit den Workshops und Theaterprojekten weitermachen, auf die er so stolz ist. 150 türkischstämmige Jugendliche aus allen Stadtteilen gehen im Kulturhaus regelmäßig ein und aus. So wie die 16-jährige Serenat Gümüs. "Für mich ist das hier eine Fortbildung ins türkische Leben", sagt die Schülerin aus Tempelhof. "Ich lerne hier Türkisch und Schauspielen gleichzeitig."

Ferda Ataman

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