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Ku'damm: Hinter jeder Hausnummer eine Geschichte

Ein neues Buch zeigt die Historie des Ku’damms, Grundstück für Grundstück – vom Kempinski bis zum Lunapark in Halensee.

Die Geschichte des Kurfürstendamms birgt viele Überrraschungen. So dürfte selbst Kennern der Schaubühne am Lehniner Platz unbekannt sein, dass an gleicher Stelle einst die „Deutschen Flotten-Schauspiele“ stattfanden: In einem 70 Meter langen und 65 Meter breiten Bassin kreuzten von 1904 bis 1908 hölzerne Modelle von Kriegs- und Handelsschiffen. Bei einer nachgestellten Seeschlacht flogen Explosionstrümmer bis ins Publikum, aber die Spektakel gingen weiter – auch weil sie unter der Protektion des Kaisers standen.

Zwei Jahre Forschung in verschiedenen Archiven und Sammlungen stecken im zum 125. Ku’damm-Jubiläum erschienenen Buch „Von Haus zu Haus am Kurfürstendamm“. Erstmals beschreiben Birgit Jochens, Leiterin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf, und ihre Archivleiterin Sonja Miltenberger auf 256 Seiten mit 200 Abbildungen die Geschichte jedes einzelnen Gebäudes. Insbesondere stellen sie die früheren Bewohner vor, darunter viele jüdische Berliner, die während der Naziherrschaft ermordet oder vertrieben wurden. „Um der Fülle des Materials Herr zu werden, aber auch aus Datenschutzgründen“ reiche der zeitliche Rahmen größtenteils nur bis in die 60er Jahre, sagen die Autorinnen. Aktuelle Bauprojekte werden zumindest kurz erwähnt.

Ende des 19. Jahrhunderts war der Ku’damm längst nicht die größte Berliner Einkaufsstraße, wie die Historie des heutigen Barmenia-Hauses (Kurfürstendamm 43) zeigt: Eine alte Werbeanzeige zeigt „Hugo Mayers erste und größte Radfahrlehrbahn“. Zur selben Zeit gab es auf dem Grundstück des heutigen Hotels „Ku’damm 101“ sogar eine Radrennbahn.

Das Buch erinnert an Glanzzeiten des Boulevards. Ein Luftbild zeigt den Lunapark am Halensee, der von 1910 bis 1933 als größter europäischer Vergnügungspark galt. In den 20er Jahren gastierten Künstler wie der Schriftsteller Joseph Roth unter anderem in „Mampes Guter Stube“; das Haus neben der Gloria-Passage ist heute ein Baudenkmal. Ein Haus weiter wohnte bis zu seiner Ermordung durch SA-Männer im Jahr 1933 einer der berühmtesten Berliner seiner Zeit: der Magier und Hellseher Hanussen.

Mit Wehmut werden Kinofreunde über die großen Filmtheater lesen, die inzwischen fast alle zu Filialen von Textilketten mutiert sind – darunter das Astor, das Marmorhaus und der Gloria-Palast. Zu Modegeschäften wurden auch berühmte Lokale wie das Café Schilling am Ku’damm 234 oder das Café Kranzler, von dem im heutigen „Neuen Kranzler-Eck“ nur ein Rest in der kleinen Rotunde übrig geblieben ist.

Präsentiert wurde das Buch im Hotel Kempinski, das die Autorinnen ebenfalls ausführlich vorstellen. Dabei erfährt man auch, wie die Familie Kempinski vom Stammhaus in Mitte in den Westen expandiert war: Noch vor dem 1926 eröffneten und in den 50er Jahren neu erbauten Hotel gab’s an der Ecke Fasanenstraße schon eine Weinstube, ein Restaurant und einen Delikatessenladen mit dem berühmten Namen.

„Von Haus zu Haus am Kurfürstendamm. Geschichte und Geschichten über Berlins ersten Boulevard“. Herausgeber: Museum Charlottenburg-Wilmersdorf. 29 Euro, text.verlag edition Berlin.

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