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Siebdruck

© Thilo Rückeis

Künstlerfestival: Sie machen Druck

In Zeiten der digitalen Perfektion erlebt der Siebdruck eine Renaissance. Auf einem Festival zeigen Künstler ihr Können – und laden zum Mitmachen ein.

Ein Traum wird wahr: Stapelweise liegen die Geldscheine griffbereit im offenen Tresor. Gerade in Zeiten wie diesen ein verlockender Anblick. Reich werden kann man mit den Scheinen allerdings nur in künstlerischer Hinsicht: Das Geld, das in der Kreuzberger Hinterhofgalerie „Czentrifuga“ so verlockend herumliegt und an den Wänden hängt, wird in keiner Bank der Welt anerkannt. Es ist eine Fantasiewährung, von Künstlern als Teil eines Wettbewerbs hergestellt – einer von vielen Beiträgen zum „1. Internationalen Druckerfestival“, das derzeit mit Veranstaltungen quer durch die Stadt bis zum 1. Juni gefeiert wird.

„Die Idee mit dem Gelddruckwettbewerb kam uns schon vor der Bankenkrise“, sagt Gabba Reifenstihl. Die Künstlerin ist als Autodidaktin zum Drucken gekommene und ist eine der Initiatorinnen des Festivals, für das etliche Linol-, Holz-, Sieb- oder Kartoffeldrucker sowie Anhänger der Lithographie, Monotypie oder der Radierung ihr Werk an mehreren Orten zeigen und zum Teil dafür aus fernen Ländern nach Berlin kommen.

Handgedrucktes liegt im Trend: Während es durch den Einzug der Digitaltechnik einerseits immer leichter wird, perfekt aussehende Bilder zu produzieren, gibt es andererseits eine wachsende Szene von Künstlern und Kunstfreunden, die auf altmodisch per Hand Gedrucktes schwören. Darauf haben sich Läden wie der „Supa Life Kiosk“ in der Raumerstraße in Prenzlauer Berg oder die Galerie „Neurotitan“ in der Rosenthaler Straße in Mitte spezialisiert, wo es kunstvolle, in kleiner Auflage hergestellte Siebdrucke sowie Experimentelles als Poster oder in Buchform zu entdecken gibt.

So, wie man es auch im Kreuzberger „Czentrifuga“ herstellen und kaufen kann. Die bunte Mischung aus Werkstatt, Laden und Galerie, die bis zum vergangenen Jahr in der „Fleischerei“ in Mitte zu Hause war, ist die künstlerische Heimat von Festivalveranstalterin Gabba Reifenstihl und ihren oft ebenfalls als Autodidakten zum Drucken gekommenen Mitstreitern, von denen viele das Drucken nicht nur als Handwerk betrachten, sondern auch als Lebenseinstellung. „Royal Trash“ heißt die Website, über die sie ihre Sachen verkaufen – ein passender Name für die Verbindung von ausgefeilter Ästhetik in der Tradition Andy Warhols und dem punkigen Hausbesetzer-Ambiente, in dem das Kunsthandwerk im „Czentrifuga“ präsentiert wird.

Wie’s funktioniert, können Neugierige direkt in der Ladengalerie erfahren, die zum Verein „Unter Druck“ gehört, der sich um Straßenkinder kümmert und mit ihnen Workshops macht. Das Prinzip ist einfach, wie man beim Besuch schnell lernt. Ein dicker Farbklecks liegt auf dem mit einer Schablone zum Teil verdeckten Sieb. Dann drückt der Künstler Coost Lardy den Metallrahmen auf ein Stück Papier, verteilt die Farbe mit einem Rakel genannten Wischer, hebt den Rahmen – fertig ist ein weitere Satz handgedruckter Flyer, die auf eine der vielen Veranstaltungen im Rahmen des Festivals hinweisen. Lars von Törne

Galerie Czentrifuga, Mariannenplatz 21, Kreuzberg, bis Ende Mai Montag bis Freitag 12-19 Uhr, Sonnabend 14-18 Uhr. Galerie Neurotitan im Haus Schwarzenberg bis 15. Mai, Rosenthaler Straße 39, Mitte, Montag bis Sonnabend 12-20 Uhr, Sonntag 14-19 Uhr. www.czentrifuga.de

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