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China Connection

© David Heerde

Kulturaustausch: Die China Connection

In Mitte gibt’s ab heute vier Tage lang kostenlose Kunst zum Mitnehmen aus dem Reich der Mitte. Junge Graphikdesigner aus Schanghai haben 14 Motive entworfen. Darauf zeigen sie, was süchtig macht nach ihrer Stadt.

Noch leere Wände zu Hause? Da haben die Ausstellungsmacher von „What makes Schanghai addictive?“ eine dekorative Lösung. Ab heute schleudern die Grafikdesignerin Brigitte Speich, 32, und der Architekt Tilman Thürmer, 35, zusammen mit dem Verein Berlin China Cultural Bridges vier Tage lang Gebrauchskunst unters Volk. 14 Motive, die 14 Grafikdesigner aus Schanghai entworfen haben, wurden je 1000 Mal als Poster gedruckt. Jetzt liegen sie im totschick runtergerockten Kuppelsaal des alten Postfuhramtes in der Oranienburger Straße zur Abholung durch jedermann bereit. Die aufgestapelte Massenware aus China zeigt, warum Schanghai süchtig macht, wie der Ausstellungstitel fragt.

„Wir unterstellen den Chinesen immer, dass sie Ideen klauen und kopieren“, sagt Brigitte Speich. Aber die aus Schanghai nach Berlin gereisten Grafiker besäßen allesamt eine ganz individuelle Formensprache, meint sie. Die ist so bunt wie die blinkenden Lichter der Supermetropole. Und von traditioneller chinesischer Malerei ebenso beeinflusst wie von modernen Comics.

Null Kohle, aber viel Neugier

Vor einem Jahr haben Thürmer und Streich mit ein paar Freunden aus der Berliner Grafikdesignszene – mit „null Kohle, aber viel Neugier“ und 14 Berliner Motiven im Koffer – Schanghai besucht. „Keine chinesische Behörde hat uns behindert“, erzählt Tilman Thürmer. Im Gegenteil – als die Deutschen Paletten von einer der unzähligen Schanghaier Großbaustellen abstaubten, um ein leer stehendes Warenhaus als Ausstellungsraum auszustaffieren, ließ man sie einfach machen. „Das fanden die lustig“, grinst Thürmer.

„What makes Berlin addictive?“ wurde ein Riesenerfolg. Beim Postergrabschen ging’s nach anfänglicher Zurückhaltung zu wie beim Sommerschlussverkauf. Und nachdem den Schanghaier Grafikern klar war, das die Berliner nicht mit offiziellen Stellen paktierten, waren sie gern zu einer Gegenausstellung bereit.

Direkter Künstlerkontakt für die kulturelle Verständigung

Und was macht nun süchtig an der Geld- und Partystadt Schanghai? „Die Gleichzeitigkeit von Abriss und Neubau“, sagt Thürmer und die „atemberaubende Dimension“, ergänzt Speich. Nerven würde der lärmende Moloch aber auch. Und die chinesische Kultur zu verstehen sei total schwierig, finden beide.

Da hilft nur direkter Künstlerkontakt. Parallel zur Ausstellung kann man im Postfuhramt zusammen mit mehreren der Grafikdesigner aus Schanghai und Berlin neue gemeinsame Wahrzeichen für die Städte basteln. Nützliches Zubehör wie Winkekatzen, Glücksschweine, aufblasbare Fernsehtürme aus Schanghai und das Berliner Pendant als Bausatz wird gestellt. Kreativ geht es Mittwochabend auch unten in der Postfuhramtsbar zu: Da dürfen alle – Profis und Hobbykünstler – die Wände zu asiatischer Musik hübsch mit Farbe voll sprühen.

Durch Reisen in die Ferne die Liebe zu Berlin entdeckt

Subkulturparty, Kunstaktion, Völkertreff, weltweites Grafikdesignernetzwerk – die Ausstellungsmacher sind für alles offen. „Unsere Neugier soll sich auch auf andere übertragen“, sagt Tilman Thürmer. Es sei einfach ein schönes Bild, zu wissen, dass Berliner Poster in Schanghaier Wohnungen hängen. Und ab heute dann auch andersrum.

In Schanghai leben wollen trotz der Aufbruchstimmung und rasanten Entwicklung dort weder Brigitte Speich noch Tilman Thürmer. Durch die Reisen nach Schanghai haben sie ihre Liebe zu Berlin entdeckt, wo man „einfach so durch durch eine Großstadt radeln kann“. Nur deswegen? „Nein, in Schanghai müssen sich die unabhängigen Leute mühsam Nischen suchen“, sagt die Wahl-Berlinerin aus der Schweiz, „hier in Berlin genießt man einfach die Freiheit sich auszudrücken und findet überall Leute, die das auch tun.“

Die Ausstellung „What makes Shanghai addictive?“ ist von heute bis Freitag täglich ab 10 Uhr geöffnet. Eintritt und Poster kosten nichts. Zu finden ist sie im Kuppelsaal des Postfuhramts, Oranienburger Str. 35-36, in Mitte. Vernissage ist heute um 19:30 Uhr.

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