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Uferböschung Landwehrkanal

© ddp

Landwehrkanal: Auf Kollisionskurs

Baumschützer, Politiker und Reeder wollen wissen, wie es am Landwehrkanal weitergeht. Ihre Kritik richtet sich gegen das Wasser- und Schifffahrtsamt, das weitgehend autark arbeitet.

Er spricht ruhig, aber seine Worte sind dramatisch: „Unsere Zeit läuft ab“, sagt Lutz Freise, Geschäftsführer der Reederei Riedel. Bis Mittwoch sind alle Touren über den Landwehrkanal abgesagt. Bis dahin würden seine Mitarbeiter kleinere Reparaturen und kosmetische Arbeiten an den Schiffen in Angriff nehmen, die sie sonst außerhalb der Hochsaison erledigen. „Bleibt es darüber hinaus aber bei der Vollsperrung des Kanals , müssen wir Schiffe stilllegen und unsere Leute nach Hause schicken.“

Die Sperrung des Landwehrkanals durch das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) gefährdet die wirtschaftliche Existenz der Berliner Reedereien, die, wie Riedel, touristische Schiffstouren durch die Spree und den Landwehrkanal anbieten. „Wir haben ein Saisongeschäft, müssen im Sommer das Geld verdienen, um den Betrieb das ganze Jahr über zu betreiben“, sagt Freise. Die dreistündige Tour „Unter den Brücken Berlins“ – ein Rundkurs durch die Innenstadt - bildet dabei das Rückgrat des Ausflugsgeschäfts. Doch gerade diese Tour ist nun nicht mehr möglich. Freise weiß genauso wenig wie die anderen Reeder oder die Berliner Behörden, wann das WSA die Sperrung wieder aufhebt. „Wir haben Verständnis für die Entscheidung, können aber mit der Situation nicht leben.“

Das können die Baumschützer an den Kreuzberger Ufern des Landwehrkanals genauso wenig. Sie kritisieren das Vorgehen des WSA. „Man muss daran zweifeln, dass die Behörde die Interessen der Anwohner ernst nimmt“, sagt Dirk Behrendt, Abgeordneter der Grünen. Der Kanal liegt zum großen Teil in seinem Wahlkreis. Die Fällaktionen der Behörde sähen „wie eine Überrumpelung aus“ und stelle das Amt „als völlig unberechenbar dar“. An die Absprache, so lange mit dem Sägen zu warten, bis eine Informationsveranstaltung mit den Anwohnern und der Bürgerinitiative stattgefunden hat, habe sich das Amt nicht gehalten.

Auch die Beziehungen zum Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg seien nicht die besten. Am Freitag kam es zum offenen Bruch. Als der Bezirk dem WSA keine Genehmigung zum Abholzen einiger Linden am Technikmuseum erteilte, stoppte das WSA kurzerhand den gesamten Schiffsverkehr bis auf weiteres und holte sich die Genehmigung zum Sägen bei der Senatsverwaltung.

„Es ist wie immer in Berlin“, beschreibt Riedel-Geschäftsführer Freise die Situation, „es mangelt an der Kommunikation zwischen den Behörden.“ Dass die Behörden nicht miteinander sprechen, ist indes nicht neu. Das WSA als Unterbehörde des Bundesministeriums für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung, das für eine Stellungnahme am Sonntag nicht zu erreichen war, agiert in Berlin weitgehend autark.

Der ehemalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD) beschreibt den Konflikt so: „Das WSA interessiert sich nur für den Verkehrsbetrieb auf den Wasserstraßen und nicht für das urbane Leben in der Stadt.“ Seine, wie er sagt, „größte Niederlage“ gegen das Amt ist in der Spree zu besichtigen – die Kronprinzenbrücke von Santiago Calatrava in Höhe der Bundespressekonferenz. Der spanische Architekt hatte eine filigrane Konstruktion entworfen, die auf zwei Pfeilern im Wasser ruht. Das WSA scherte sich nicht um das Design und baute nach Fertigstellung der Brücke zwei massive Leitplanken in die Spree – ohne das mit irgendeiner anderen Berliner Verwaltung abzusprechen. „Irgendwann war diese rostrote Konstruktion da“, sagt Stimmann, die nicht nur sein ästhetisches Empfinden störte; auch Calatrava soll vor Wut geschäumt haben.

Niemand weiß, wie es am Landwehrkanal in den nächsten Tagen weitergeht. Nachdem das WSA, das mit 538 Mitarbeitern über 400 Kilometer Wasserstraßen wacht, am Sonnabend nach Protesten die Fällung der Linden abgebrochen hat, bleibt der Landwehrkanal zu.

Lutz Freise bleibt immer noch ruhig, als er sagt: „Wir sind der Spielball zwischen Politik, dem Amt und den Baumschützern.“ Das Ende ist offen.

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