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Lange Nacht der Museen: Bei Wind und Wetter

Eis auf den Gehwegen, peitschender Wind? Egal – sie kommen trotzdem. Die Lange Nacht der Museen ist eine Erfolgsmarke. In Berlin und anderswo.

Sogar Ehen soll sie schon gestiftet haben, die Lange Nacht der Museen, sagt Wolf Kühnelt. Weil sie so gesellig ist. Im Shuttlebus, beim Anstehen, in den Museen – die Leute plaudern, debattieren, tauschen sich aus. Auch gestern Nacht strömten wieder Tausende zu den Museen. Trotz Eis und Kälte. Wolf Kühnelt, der die Lange Nacht 1997 erfunden hat und sie als Veranstaltungsleiter der landeseigenen Agentur Kulturprojekte Berlin zweimal im Jahr organisiert, wundert das nicht. „Das ist ein Bazillus“, sagt er grinsend. Auch im Winter sei die Lange Nacht für viele ein Abenteuer. Das sei doch genau das richtige Museumswetter, habe ihm eine Besucherin gesagt. Kühnelt läuft in langen Schritten durchs Deutsche Historische Museum und kommentiert frei nach Goethe: Die Berliner seien eben ein verwegener Menschenschlag.

Rund 1000 Menschen arbeiten in den 60 beteiligten Museen, als Ticketverkäufer, Busguide oder am Glühweinstand für die Lange Nacht. Chef Kühnelt, 66 Jahre alt, zirkelt bis drei Uhr früh sozusagen als mobiles Einsatzkommando zwischen dem Lange-Nacht-Stützpunkt vor dem Roten Rathaus und auf den Busrouten zwischen den Häuser herum. Als Strahlemann, Motivator und Notdienst – je nachdem. Und dann wird bis morgens nachbereitet und ausgewertet. Kühnelts Lange Nacht ist eine kurze, zumal schon die nächste am 28. August dieses Jahres vorbereitet wird, Arbeitstitel: „Bicentenario“. Acht südamerikanische Staaten feiern dieses Jahre 200 Jahre Unabhängigkeit, erklärt Kühnelt. Das wird der Themenschwerpunkt.

In Buenos Aires übrigens läuft die Lange Nacht der Museen auch gut. Da zählt man in einer Nacht 500 000 Museumsbesuche, nicht 200 000 wie hier, wo jeder Ticketkäufer auf seiner Schnuppertour durchschnittlich fünf Häuser betritt. 200 Städte im Ausland und Inland haben die Berliner Erfolgsmarke übernommen. Ein Exportschlager, der in Berlin jedes Mal schwarze Zahlen schreibt. Nicht nur deswegen glaubt Wolf Kühnelt, dass unbegrenzt weitere folgen. „Nirgends sonst gibt’s so einen einfachen und charmanten Zugang zur Museumslandschaft.“ Auch wenn man diesmal stellenweise erst einen Eisberg überwinden musste, um ins erleuchtete Haus zu kommen.

Toll sei es, die vergnügten Leute zu sehen, sagt Kühnelt, auch bei seiner immerhin 26. Langen Nacht. Neuberliner Studenten, die sich für zehn Euro einen Museumsüberblick verschaffen, oder Gruppen von Freundinnen, die einander mit ins Museum schleifen. 53 Prozent der Museumsbesucher in Berlin sind weiblich, in der Langen Nacht klettert das immer noch ein paar Prozent nach oben. Die Mehrheit sind Einheimische, nur wenige Touristen. Die meisten davon erfahrene Museumsgänger. Die von Skeptikern gefürchteten „Bier trinkenden Bockwurstesser, die alles antatschen“, seien nie erschienen, sagt Kühnelt. Er hat einen entspannten Ansatz beim Planen der Langen Nacht: „Was mir selbst so viel Spaß macht, muss doch auch anderen Spaß machen.“ Und dass er die Leute anstiften will, Museumswissen für sich zu verwenden, nachzufragen, in den Häusern anzurufen, gerade auch in den wissenschaftlichen Abteilungen, wo gestern unter dem Motto: „Berlin – Haupstadt für die Wissenschaft 2010“ Führungen und Vorträge liefen. Das Ziel ist, Künste wie Musik, Malerei, Literatur im Museum zusammenzuführen, sagt Wolf Kühnelt. Ohne Eventtrara um jeden Preis. „Dixieland in der Bockwindmühle? Da halte ich gar nichts davon!“

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