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Literatur: Berlin, wie nur ich es kenne

Marc Levys neues Buch spielt an der Spree.

Der Tiergarten schließt um Mitternacht, wer danach in den Park möchte, muss über den Zaun klettern. So zumindest will es der französische Bestsellerautor Marc Levy („Solange du da bist“) in seinem neuen Roman „All die ungesagten Worte“, der zu großen Teilen in Berlin spielt. „Für mich ist es nicht wichtig, ob ein Ort in meinen Romanen mit den realen Gegebenheiten übereinstimmt“, sagt Levy am Dienstagmittag beim Interview im Hotel „Brandenburger Hof“, das im Buch ebenfalls vorkommt. Auch seine Hotelbeschreibungen decken sich nicht mit der Realität, aber dafür hat Levy eine gute Erklärung: „Bei einem Spaziergang durch Berlin habe ich dieses eine Hotel entdeckt, das sollte in meinem Buch vorkommen. Hinterher habe ich einen Freund nach dem Namen gefragt, er gab mir wohl den falschen.“ In welchem Bezirk lag sein Hotel? „Daran erinnere ich mich nicht“, sagt der Autor märchenhafter Liebesgeschichten unangenehm berührt von solchen Detailfragen. Schnell pocht er trotz des authentischen Anscheins, den er seiner Geschichte um den Mauerfall und eine komplizierte Vater-Tochter-Beziehung durch die realen Ortsnamen gibt, auf seine künstlerische Freiheit.

Natürlich habe er sich für sein Buch Dokumentationen angesehen, mit deutschen Freunden gesprochen und auch einige Reisen nach Berlin unternommen, erzählt Levy, der mit seiner Familie in New York lebt. Das erste Mal war er 1992 an der Spree: „Hier lebten gar nicht ,die bösen Kommunisten‘, wie die Lehrer uns einst erzählten, sondern Menschen, die genauso liebten und litten wie die in Paris“, erzählt Levy. Danach sei er viele Male wiedergekommen. Hat er über die Jahre einige Orte besonders lieb gewonnen? „Ja, eigentlich alle, die ich auch in meinem Buch beschreibe“, sagt der 47-Jährige. Das sind: das Brandenburger Tor, die Siegessäule, die Gedächtniskirche, der Tiergarten mit Zaun, die Museumsinsel und der Fernsehturm – touristische Highlights ernsthaft zu seinen persönlichen Lieblingsorten zu erwählen, ist zumindest originell.

Sobald Levy im Buch ins Detail gehen muss, wird er entweder vage („die Randbezirke von Berlin“, „ein Café“, „ein Park”), oder er erfindet sich die Wirklichkeit lieber gleich neu: Die Redaktion des Tagesspiegels, die im Buch eine Rolle spielt, liegt nicht nur am Brandenburger Tor, sondern arbeitet auch in einem prächtigen Glasbau mit Empfangsdame. „Ich weiß, dass das nicht so ist, ja und?“, fragt Levy etwas genervt. Woher er das weiß, bleibt allerdings sein Geheimnis. Bei seinen Recherchereisen nach Berlin habe er den Schauplatz nie aufgesucht, gibt er zu. Eva Kalwa

Lesung zusammen mit Muriel Baumeister heute um 20 Uhr in der Buchhandlung Starick, Breite Straße 35, Schmargendorf. Restkarten (6, erm. 4 Euro): 82 30 97 77.

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