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Media-Spree-Protest: Planschprotest im Gummiboot

In Booten und vom Ufer aus protestierten am Dienstag Gegner des Projekts Media Spree. Im alternativen Stadtviertel zwischen Kreuzberg und Friedrichshain stößt das Investitionsvorhaben auf Ablehnung.

Alles war mit einem Mal wieder ruhig: Die Abendsonne stand über der Spree zwischen Kreuzberg und Friedrichshain. Die Leuten saßen gemütlich in der „Bar25“ oder im „Kiki Blofeld“ und tranken ihr Bier. Ein kleines Pappbötchen bahnte sich da noch den Weg auf der Spree an den Strandbars vorbei: es brannte und schipperte seinem Untergang entgegen. Ein paar Leute johlten und ein paar andere interessierte das alles nicht mehr.

Noch vor Stunden ging es hier aufgeheizter zu. Auf dem Gelände zwischen Friedrichshain, Kreuzberg und Mitte soll in den nächsten Jahren die sogenannte Media-Spree entstehen: elf große Glasbauten für Büros, Lofts und Geschäfte. In dem alternativen Stadtviertel gefällt das vielen nicht und so gründete sich die Initiative „Media-Spree versenken“, die am 13. Juli zu einem Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg bittet.

Am Dienstagabend rief man zum „Großen Investorenjubeln“ auf. Anlass war die Dampferrundfahrt des Vereins „Berliner Wirtschaftsgespräche“, zu der Investoren des Areals geladen waren. 35 Wassergefährte wurden um kurz nach fünf von der Bar Kiki Blofeld zu Wasser gelassen. Eine schwimmende Diskokugel, ein Plastikwalfisch und mehrere Luftmatratzen sowie einige mutige Schwimmer tummelten sich im Wasser. Die Badenden und alle anderen am Ufer brauchten Geduld: Die Investoren ließen sich Zeit. Noch kurz vor Beginn der Kundgebung hieß es sogar, der Dampfer würde gar nicht mehr kommen – aus Sicherheitsgründen.

Gegen 19 Uhr erreichte die „Spreecomtess“ die Michaelbrücke, auf der etwa 100 Demonstranten mit Konfetti und Transparenten warteten. Auf dem „White Trash“-Strandmarkt und der „Bar 25“ an der Holzmarktstraße sowie dem gegenüberliegenden „Kiki Blofeld“ wurde es lauter. Eier, Obst und Gemüse standen griffbereit, die Polizei machte vom Wasser aus immer wieder Durchsagen, die Spree solle frei gemacht werden. Wer nicht hörte, wurde von Beamten eher unsanft mit dem Polizeiboot zur Seite gefahren.

Böller flogen vom Dach eines leerstehenden Hauses neben dem Kiki Blofeld. Und vom linken Wagenprojekt „Schwarzer Kanal“ gab es Pfiffe und einige standen mit „Media Spree versenken“ Fahnen auf der Höhe des Bootes. Auf der Fahne ist ein untergehendes Schiff zu sehen.

Doch dann kehrte der Investorendampfer einfach um, am Ufer und auf den Protestbötchen und Luftmatratzen brach Jubel aus. „Die sind feige. Aber für uns ist das ein großer Erfolg“, sagte der 18-jährige Lars, der in einer linken Gruppe gegen Stadtumstrukturierung engagiert ist. „Der Kiez hat heute gezeigt, dass er die Media-Spree nicht will.“ Eine Rakete wurde gezündet, dann gingen viele nach Hause. Lars blieb noch. Er half anderen mit ihren Booten aus dem Wasser.

Drüben in der „Bar 25“ hörte man nun wieder Musik. Die Tonnen, auf die gerade noch mit Hämmern eingeschlagen wurde, um etwas Krach zu machen, dienten wieder als Abstellfläche für Kaltgetränke. Zehn Minuten später stürmte noch die Polizei in die „Bar 25“ und dann ins „Kiki Blofeld“. Eine Handvoll Protestler wurde zur Personalienfeststellung mitgenommen und ein Schlauchboot beschlagnahmt. Lars rief den Polizisten entgegen: „Ihr wollt ja nur planschen!“ Danach wurde es wieder still an der Spree.

Ric Graf

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