zum Hauptinhalt
Naturkundemuseum

© ddp

Naturkundemuseum: Besuch in Nemos Vorgarten

Die Ausstellung „Abgetaucht“ im Naturkundemuseum gibt Einblicke in das Ökosystem der Korallenriffe

Erstaunlich freundlich guckt die Muräne, die ihren Kopf aus einer Felshöhle am Meeresgrund steckt. Die Behausung des Raubfisches ist prächtig bewachsen – mit den unterschiedlichsten Korallenarten. Bunte tropische Fische lugen aus dem verworrenen Geflecht hervor. Trotz ihrer farbenfrohen Schuppen sind sie gut getarnt in diesem bunten Blumengarten. Lebendig ist hier allerdings nichts mehr – die Muräne ist ausgestopft, genau wie sie selbst. Die ziemlich wirklichkeitsnah aussehenden Fisch-Präparate, die hier im Museum für Naturkunde an einem trockengelegten Korallenriff ausgestellt sind, gehören zur Sonderausstellung „Abgetaucht“, die am gestrigen Dienstag für Besucher eröffnet wurde.

Die Ausstellung im Rahmen des 2. Internationales Jahrs des Riffs soll den Besuchern zeigen, dass Korallenriffe nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch „wegen der enormen Artenvielfalt und ihrer Bedeutung für den Menschen schützenswert sind“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Astrid Klug (SPD), die stellvertretend für Umweltminister Sigmar Gabriel ein Grußwort zur Eröffnung sprach.

Denkt man an Korallenriffe, sind meist tropische Riffe gemeint, in denen bei 20 bis 30 Grad Wassertemperatur Korallentiere in Symbiose mit Grünalgen leben. Die Algen finden in den harten Kalkskeletten der Korallen Schutz, betreiben dort Photosynthese und versorgen die Korallen mit Zucker. Da zur Photosynthese Sonnenlicht benötigt wird, kommen solche Riffe nur in bis zu 50 Metern Tiefe vor. „Wenn das Gleichgewicht dieses Ökosystems aus den Fugen gerät, sterben die Korallen ab“, sagte Museumsdirektor Reinhold Leinfelder bei der Eröffnung. „Selbst wenn die Lebensbedingungen sich wieder verbessern, wachsen die Korallen nicht nach“.

Wie empfindlich Riffe auf die globale Erwärmung reagieren, zeigt die Ausstellung noch bis zum 30. September. Auch die erst vor rund 20 Jahren entdeckten Kaltwasserriffe werden hier beleuchtet. Von den Azoren bis zur Küste Norwegens ernähren sich Korallen von Plankton, das sie mit Fangarmen aus dem Wasser filtern. Da sie dazu kein Licht brauchen, kommen Kaltwasserkorallen in bis zu 1200 Metern Tiefe vor.

Von den 60 000 Tierarten, die bereits in Riffen entdeckt wurden, sind viele am Naturkundemuseum als Präparate zu bestaunen. Darunter ein „falscher Nemo“. Der im Jahr 1830 in Alkohol eingelegte Falsche Clownfisch, sieht auch ausgeblichen dem echten täuschend ähnlich. Daneben zeugen fossile Riffbewohner, wie ein Prachtpanzerfisch aus dem Devon – also aus einer Zeit vor 416 bis 359 Millionen Jahren – oder eine Ursprotte aus dem Jura vor etwa 200 bis 145 Jahren, von der Evolution der Riffe. Heute ist dieser Lebensraum durch Überfischung, Massentourismus und Schadstoffe gefährdet. 20 Prozent der Korallenriffe sind bereits abgestorben. Geht diese Entwicklung weiter, sei das nicht nur für die Natur sondern auch für den Menschen katastrophal, sagte Museumsdirektor Leinfelder. „25 Prozent des Fischfangs in Asien sind von Riffen abhängig“.

Zudem gibt es viele Medikamente, deren Wirkstoffe aus Riffen stammen. So wird Kegelschneckengift als Schmerzmittel eingesetzt und ein bestimmter Stoff aus Schwämmen kann das Tumorwachstum bei Krebspatienten hemmen.

Auch für den Tourismus sind Riffe wichtig. Doch gerade das könnte den Meerestieren zum Verhängnis werden. Denn Schnorchler zerstören Korallen, indem sie sie zertreten. Erste Projekte mit künstlich angelegten Riffen für Touristen sollen das ändern.

Die Ausstellung „Abgetaucht“ ist bis zum 30. September im Museum für Naturkunde in der Invalidenstraße 43 zu sehen. Eintritt 6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Zur Schau ist auch ein Buch erhältlich.

Weitere Informationen im Internet: www.museum.hu-berlin.de

Dagny Lüdemann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false