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PARTY Gänger: Mädcheninternat

Der Name ist gut gewählt, man denkt sofort an Mädchen in Uniform, Porno, Sex. Und das alles in Prenzlauer Berg.

Der Name ist gut gewählt, man denkt sofort an Mädchen in Uniform, Porno, Sex. Und das alles in Prenzlauer Berg. Es mangelt jedenfalls nicht an Jungs, die mitkommen, um den Laden zu testen. Prenzlauer Allee, gleich gegenüber vom Ibis-Hotel, soll das Internat liegen. Von unten sieht man erst mal nur Bäume. Die Treppe führt hinauf zu einem mit Graffiti besprühten Bungalow. Früher war hier mal der Eingang zu einem illegalen Club, heute geht man an der Seite vorbei und wird am Garteneingang Mitglied. Es sei denn, man trägt eine Schuluniform, dann kostet es nichts. „Ziehe ich mir nächstes Mal halt auch Kniestrümpfe an“, mault ein Mädel in der Schlange.

Zuerst ins Kinderzimmer. Wir sitzen auf Plastikstühlen, der Boden ist ein Spielteppich, mit Straßen und Häusern bemalt. Darauf liegen ein paar Kuscheltiere herum, an den Wänden grinst Oskar aus der Mülltonne. „Ob Mädcheninternat ein sexistischer Name ist?“, sagt der Clubchef im Kinderzimmer. „Das hab’ ich mich auch damals gefragt, aber alle Mädels meinten: nein, das geht schon.“ Jetzt stehen die Mädels also hinter der Bar, in kurzen grauen Röcken, weißen, kurzärmeligen Blusen und – tatsächlich – Kniestrümpfen. Zwei Handbreit unter dem Tresen ist die Bar nur noch aus durchsichtigem Plexiglas, so dass die Beine und ein bisschen Rock wie ausgeschnitten in einem Schaufenster stehen. Alles in rotes und blaues Neonlicht getaucht, sieht das aus wie eine Kunstinstallation von Pipilotti Rist. Neben den Drinks gibt es Schalen mit Bonbons, guckt man nach rechts, tanzen die Leute. Und wie. Unsittlich jedenfalls nicht. Fröhlich schon. Viele Anfang Zwanzigjährige sind dabei und viele Jungs. Den Flur entlang geht es zur Mädchentoilette, Herzstück eines jeden Clubs, wie der Clubchef meint, weil so ein Mädchen hier doch sowieso die meiste Zeit verbringt. Das Klischee wird auch nie alt. Hier ist der Vorraum deswegen gleich eine Lounge mit weißer Couch und Ganzkörperspiegel. Jungs sind dort auch erlaubt, im Moment sitzt hier aber gerade keiner. So gemütlich ist das vielleicht doch nicht mit den Spülgeräuschen im Hintergrund. Gegenüber geht es in das „Bibliotheks-Zimmer“, diesmal in grünem Neonlicht und mit zwei Regalen in der Ecke mit Büchern, die „Allein gegen Palermo“ heißen.

Das Mädcheninternat ist eher Ferienlager als Eliteschule. Aber darum geht es ja auch nicht. Sie wollten einfach ein bisschen mit dem Begriff spielen, sagt der Clubchef, ein Motto eben. Warum und wie lang man ein Mädchen bleibt, ob Frauen cooler sind, Angela Merkel eine Lady ist und wieso alle so gerne zum Mädchenitaliener gehen – das alles können wir an diesem Abend leider nicht mehr klären. Irgendwann wird es ein bisschen ungemütlich im Kinderzimmer, weil ein großer Mann mit seinem Plastikstuhl partout nicht vom Kindertisch heruntersteigen will. Schließlich kommen die Türsteher. „Hey, du gehst da runter, alles klar?“ „Ja, ist ja o.k. das war doch nur ein Spiel.“ „Pass mal auf, wir sind hier nicht im Kindergarten.“ Oder doch? Johanna Lühr

Mädcheninternat, Prenzlauer Allee 246 gegenüber vom Ibis-Hotel, nächste Party am Sonnabend ab 24 Uhr

Johanna Lühr

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