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Pflege von Tauben: Flügelstation

Tauben haben in Berlin nicht nur Feinde. Ein Besuch in der Vogelreha

Was sind das bloß für Menschen, die sich in ihrer Freizeit um Tauben kümmern? Die sich von allen schützenswerten Tierarten ausgerechnet dieser verschrieben haben? Erste Vermutung: Fanatiker. Zweite Vermutung: Kauzige mit zu viel Zeit. Beides wird umgehend verwerfen, wer einmal Almut Malone getroffen hat. „Zur Selbstverwirklichung brauche ich das ganz sicher nicht“, hat sie schon am Telefon gesagt. In ihrem Garten stehen mehrere Volieren. Hierher werden Tauben aus der ganzen Stadt gebracht, die sonst verenden würden: weil sie sich in Netzen verheddert oder an Stangen aufgespießt haben, weil ein Auto sie angefahren oder ein Hund zugebissen hat, weil sie als Jungtiere aus dem Nest gefallen sind. Manche haben auch Brüche, weil Menschen mutwillig auf sie getreten sind. Derzeit pflegt Almut Malone rund 50 Tauben gesund. Manche dürfen langfristig hierbleiben, sie hätten draußen kaum noch Überlebenschancen, wie der Tauber, dem ein Flügel fehlt. Er lebt jetzt auf dem Volierenboden und ist Ammenvater für fremde Küken. Die übrigen Tiere werden ausgewildert: Malone lässt sie nicht einfach davonfliegen, sondern setzt sie in einem der betreuten Schläge aus. Almut Malone ist Tiermedizinerin. Warum den Tauben ein derart schlechtes Image anhaftet, darüber hat Malone eine ganz eigene Theorie entwickelt: Weil sie nicht schön bunt, sondern grau sind, weil sie in Massen auftreten und Schmutz machen. „Kurz: Weil sie uns Menschen wohl einfach zu ähnlich sind.“ Vor acht Jahren gründete Malone den „Avian Vogelschutz-Verein“, der auch kranke Dohlen und Singvögel pflegt. Inzwischen hat sie etliche andere Berliner kennengelernt, die bereit sind, bei sich zu Hause verletzte oder hilfsbedürftige Tiere aufzunehmen. Krank wurde dadurch keiner. „Natürlich nicht“, sagt Malone. Was sie aufregt, sind die immer wiederkehrenden Falschberichte im Fernsehen und in Zeitungen. „Das Risiko von Krankheitsübertragungen auf den Menschen ist nachweislich nicht höher als bei jedem anderen Wirbeltier.“ Dieses Frühjahr wurde etwa die Meldung verbreitet, ein neu entdeckter Parasit, der sich über den Kot von Habichten verbreite, habe Berlins Taubenpopulation radikal dezimiert. Malone lacht darüber. Der Parasit ist seit 2006 bekannt, und anhand obduzierter toter Stadttauben sei längst widerlegt, dass er für das Sterben verantwortlich sei. Tatsächlich gebe es zwei Gründe dafür, dass die Population seit Jahren zurückgeht, sagt Malone: das schrittweise Verschwinden von Bauruinen und gemauerten Brutflächen sowie der Erfolg der ersten betreuten Schläge (siehe oben). Für ihr Engagement wurde Malone 2010 mit dem Berliner Tierschutzpreis ausgezeichnet. Vor den Vögeln hat sie übrigens eine Zeit lang kranke Hunde gepflegt. Das musste sie aufgeben, wegen ihres Mannes. Der wurde jedes Mal traurig, wenn sie einen der Hunde am Ende wieder abgab. Da entstehen zwangläufig enge Bindungen, sagt er. Mit den Tauben hat er dieses Problem nicht mehr.

Wer Almut Malones „Avian Vogelschutzverein“ unterstützen möchte, etwa durch Geld- oder Sachspenden, erfährt Näheres dazu auf der Internetseite www.vogelklappe.de. Malone ist auch unter info@mednavigator.de zu erreichen. Tauben-Notfälle auf der Straße können ihr per SMS an die Mobilnummer 0172-31 73 455 gemeldet werden.

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