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Bruderkuss

© dpa

Sanierung: East Side Gallery wird jetzt neu bemalt

Viele der Kunstwerke wurden im Laufe der Zeit zerstört. An der sanierten East Side Gallery in Friedrichshain malen Künstler jetzt ihre Bilder neu.

Nur schwarze Konturen und Bleistiftskizzen sind auf dem Abschnitt der East Side Gallery zu sehen, auf dem kürzlich noch das Kunstwerk „Berlin – New York“ von Gerhard Lahr prangte. Der Rest des etwa fünf Meter langen Mauerstücks ist noch jungfräulich weiß. Das gilt für weite Strecken auf der für ihre grellbunten Farben berühmten Mauergalerie am Ostbahnhof in Friedrichshain, nur an einigen Stellen wird noch frisch verputzt.

Lahr ist einige Schritte zurückgetreten und begutachtet skeptisch sein Werk: „Die Abstände zwischen den Buchstaben müssen einfach gut werden“, sagt der 71-Jährige. Ehefrau Anne pinselt währenddessen sorgfältig weiter, kümmert sich um die Farbe und gibt Anweisungen. Vor fast zwanzig Jahren bemalte das Ehepaar das erste Mal an dieser Stelle die Berliner Mauer. Jetzt entsteht seit Dienstag das Kunstwerk mit den weißen Schriftzügen „New York“, „Berlyn“ und „Tokyo“ ein zweites Mal: Nachdem der Überrest der Berliner Mauer in den vergangenen Monaten für rund 1,5 Millionen Euro saniert worden ist, haben am Dienstag die ersten Künstler begonnen, ihre Werke aus dem Jahr 1989 zu rekonstruieren.

Die Lahrs haben das Bild „Berlin – New York“ schon etliche Male saniert. „Mittlerweile kenne ich es in und auswendig“, sagt Anne Lahr. Deshalb mache es keine größeren Probleme, es komplett neu zu malen.

Zum zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls am 9. November sollen auch die restlichen 103 Gemälde wieder originalgetreu auf den Mauerwänden zu sehen sein. Bis dahin werden 86 der 118 Künstler von damals aus 24 Ländern nach Berlin kommen. Auch der Moskauer Maler Dimitri Vrubel will anreisen, um seinen „Bruderkuss“ neu aufzumalen. Im Februar wurde bereits das 40 Meter lange Kunstwerk „Masken“ des russischen Künstlers Wjatscheslav Schljachow fertig saniert. Für die Sanierung des 1,3 Meter langen Mauerabschnitts standen rund 2,5 Millionen Euro aus EU-Mitteln, Geld vom Bund, Senat und der Lotterie-Stiftung zur Verfügung. Nach der baulichen Sanierung bleibt jetzt noch eine Million Euro für die Neubemalung. Den Künstlern könne deshalb leider nicht mehr gezahlt werden als eine „kleine Aufwandsentschädigung“, sagt Kani Alavi, der Vorsitzender der Künstlerinitiative East Side Gallery.

In den Sommermonaten wird es am Spreeufer trotzdem lebhaft zugehen: Bis zu 40 Künstler lassen innerhalb weniger Wochen die Kunstwerke von damals neu entstehen. Von außen wird man von dem Treiben allerdings nur wenig mitbekommen, denn der Mauerabschnitt ist mit einem sichtgeschützten Bauzaun abgesperrt. Auch zum Schutz der Kunstwerke, denn Graffiti-Sprayer würden die Flächen gern nutzen, sagt Alavi. Im Sommer, wenn viele Gemälde fertig sind, werde man aber erste Abschnitte wieder öffnen, damit die Besucher sie sehen können.

Die Freiburger Künstlerin Rosemarie Schinzler wird dann schon nicht mehr in Berlin sein: Ihre Bilder „Friedenstauben“ und „Wachsen lassen“ will sie in den nächsten drei Wochen gemalt haben. „Die Bilder sind in der damaligen Euphorie entstanden“, sagt sie. Heute will sie an diese Freude erinnern: „Es war doch großartig!“ Kani Alavi will mit dem Millionenprojekt die Erinnerung an die Mauer wachhalten: „Wenn wir keine Beweise haben, wird uns die Jugend irgendwann nicht mehr glauben“.

Beate Brehm

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