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Von wegen Puppen! Ein Fachmann wie Jan Wegener, Chef von Mohr Models, spricht lieber von Schaufensterfiguren. Noch bezieht er die Kunststoffkörper aus Asien und macht sie hier schön. Bald sollen seine Figuren aber komplett „Made in Germany“ sein.

©  Mike Wolff

Schaufensterfiguren-Hersteller: Rote Lippen, weiße Haut

Vor sieben Jahren hat Jan Wegener eine dahinsiechende Firma für Schaufensterfiguren übernommen. Heute gehört Mohr Models in Tempelhof zu den ganz Großen der Branche.

Draußen auf dem Hof der alten Malzfabrik in Tempelhof balanciert eine grazile Schönheit auf einem hohen Metallträger. All die anderen perfekten Körper stehen und liegen in einem flachen Klinkerbau. Ihre weiße Lackhaut glänzt, die Augen und Münder aus Ölfarbe leuchten, und die Beine aus Glasfaser und Polyesterharz sehen so echt aus, als würden sie im nächsten Moment loslaufen. Aber ganz so menschenähnlich sind die Schaufensterfiguren von „Mohr Models“ dann doch nicht. Auch wenn manche der über 700 Leihfiguren schon als Statisten in Film und Fernsehen, bei großen Internet-Werbekampagnen und Kunstprojekten mitgewirkt haben. Und wenngleich Inhaber und Geschäftsführer Jan Wegener jemand ist, der sich nie mit dem bisher Erreichten zufriedengibt. Aber selbst dem strebsamen 34-Jährigen sind natürliche Grenzen gesetzt.

Eine Erfolgsgeschichte hat Wegener in den vergangenen sieben Jahren mit seinem Unternehmen dennoch geschrieben. Als ihm das „Atelier Reinhold Mohr“ 2004 zum Kauf angeboten wird, liegt die traditionsreiche Firma für Verleih, Verkauf und Reparatur von Schaufensterfiguren – „Puppen sagen nur Laien“, klärt Wegener auf – in den letzten Zügen. Die Anfänge des Unternehmens reichen bis in die frühen sechziger Jahre und in ein kleines Atelier in der Kreuzberger Lindenstraße zurück, wo ein Bildhauer die Figuren entwirft und Reinhold Mohr sie baut. Später zieht das Atelier in die Adalbertstraße um. Dort übernimmt es Wegener, der gebürtige Dresdener und gelernte Kfz-Mechaniker arbeitet zu dieser Zeit als Requisitenbauer im Wintergarten Varieté und leiht sich die Kaufsumme von seinen Eltern. Die ersten anderthalb Jahre arbeitet er allein. Tagsüber akquiriert er Kunden und schleift die Figuren, danach lackiert er sie, in fünf Nachtschichten pro Woche. 2006 kann er zwar ein paar Mitarbeiter einstellen, aber die ersten Jahre bleiben hart. „Ich habe einfach nach vorn geschaut und mich nicht beirren lassen“, erklärt Wegener seinen langen Atem.

Perfekte Körper. Jan Wegeners Figuren werden nicht wie üblich in Airbrush-Technik veredelt, sondern mit Pinsel und Ölfarbe.
Perfekte Körper. Jan Wegeners Figuren werden nicht wie üblich in Airbrush-Technik veredelt, sondern mit Pinsel und Ölfarbe.

© Mike Wolff

Und langsam macht sich das Atelier, das Wegener für den immer größer werdenden internationalen Kundenstamm nun in „Mohr Models“ umgetauft hat, dann wieder einen klingenden Namen. Wegeners Rechnung, „mit Ehrlichkeit, Service und Qualität“ zu punkten, geht auf. Heute ist er einer der erfolgreichsten am Markt, er hat 18 Mitarbeiter und sucht weitere, die er ausbilden kann. Seine Kunden schätzen nicht nur das flexible Verleihsystem, sondern auch die hohe Qualität der teils patentierten Lacke und des Make-up, das anders als üblich nicht in Airbrush-Technik, sondern in Öl aufgetragen wird.

Für die zart gestrichelten Augenbrauen und die geschwungenen Lippen ist Wegeners Freundin Sabine Reincke zuständig. Die frühere Schauwerbegestalterin aus Mitte hat sich die Visagisten-Fertigkeiten selbst beigebracht. Pro Tag verleiht sie bis zu acht Figuren ein Gesicht. „Am schwierigsten ist es, einen möglichst natürlichen Ausdruck zu schaffen“, sagt die 27-Jährige. Neben ihr liegt Firmenmaskottchen Pedro, ein schwarzweißer Mischlingsrüde, und sieht auf ganz natürliche Weise sehr wachsam aus.

Doch vor der Kunst der Visagistin kommt das Spachteln, Schleifen und Polieren.
Doch vor der Kunst der Visagistin kommt das Spachteln, Schleifen und Polieren.

© Mike Wolff

In Halle F der ehemaligen Malzfabrik wird aber nicht nur Make-up aufgetragen, sondern auch geschliffen, lackiert und nach Kundenwünschen modelliert. Wegener plant schon den nächsten großen Schritt: Die „Mohr Models“ sollen in einer Zeit, in der fast alles und auch seine Schaufensterfiguren möglichst günstig in Asien produziert werden, komplett „Made in Germany“ werden. „Umwelt, soziale Verantwortung und Qualität sind wichtiger als der maximale Gewinn“, sagt Wegener. Was andere tun, hat ihn noch nie übermäßig interessiert.

Mohr Models, Bessemerstraße 2-14 in Tempelhof, Werksverkauf am 20. August von 10-16 Uhr. www.mohrmodels.com

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