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Burlesque

© Thilo Rückeis

Show: Liebe Sünde

Im Admiralspalast leben Berlins "goldene Zwanziger" wieder auf. Stripper, Schlangenfrauen und Freaks erwecken in der Burlesque-Show "Wild Rose Revue" die verruchte Zeit wieder zum Leben.

Sieht spaßig aus, wenn Tallulah Freeway ihre Brüste kreisen lässt. Die aufgeklebten roten Bommel heißen im Stripperfachgeschäft „Pasties“. Um sie schwingen zu lassen wie Propeller, braucht’s allerdings mehr sportive Körperbeherrschung als Sexappeal. Den besitzt die große Blonde mit dem Porzellanpuppen mehr als genug, wie ihr lasziver, klassischer Striptease vor der flotten Propellernummer zeigt.

Die Kanadierin und ihre Geschäftspartnerin, die sich Beautiful Jewels nennt, sind Erfinderinnen der „Wild Rose Revue“, die heute – nur heute – Abend den Admiralspalast zum sündigsten Amüsiertempel der Stadt machen soll. Beautiful Jewels, zierlich und brünett, ist russische Schwedin. Und eine von drei weiblichen Schwertschluckerinnen weltweit.

Berlin rauer als andere Städte

Natürlich wollen sie mit ihrer Burlesque-Show der Stripper, Schlangenfrauen, Seiltänzerinnen, Muskelmänner und Trapezkünstler an Berlins Goldene Zwanziger anknüpfen. Sozusagen am historischen Ort, wo schon die Tillergirls die Schenkel blitzen ließen. Der Mythos habe sie schon immer fasziniert, sagt Tallulah Freeway. Sie lebe jetzt seit eineinhalb Jahren hier und finde Clubs und Bars noch immer viel rauer als anderswo.

Burlesque – das sind schräge, erotische, gelegentlich auch ironische Kleinkunstshows, die vor allem in New York am Anfang des vergangenen Jahrhunderts populär waren. Seit ein paar Jahren sind sie dort und inzwischen auch in Europa wieder groß in Mode. Sozusagen als kleine, schmutzige Gegenbewegung zur globalen Musicaltanzmaschine, die fortlaufend sterile Hochglanzunterhaltung ausspuckt.

Im Admiralspalast am Bahnhof Friedrichstraße soll’s aber nicht nur schmutzig, sondern auch glamourös zugehen. Mit Swingorchester, Tanzwettbewerb, befrackten Kellnern, Kinovorführung, Champagnerkübeln und schillernden Lichteffekten im ganzen Haus. Versprochen ist die „größte Burlesque-Show Europas“. Was auch sonst? Nachdem sich die Hamburger Reeperbahn in eine Pizzameile verwandelt hat, ist Berlin mit seiner Oranienburger Straße jetzt zweifellos Europas führende Erotopole.

„Die Show ist nostalgisch“, sagt Beautiful Jewels, „aber mit einem modernen Dreh.“ Warum gibt’s dann keine strippenden Männer? Da lächeln die Amüsierdamen luzide: „Lasst euch überraschen!“

Komplett Nackige sind bei der Burlesque eh nie zu sehen. Der Gag liegt im Andeuten. Es ginge nicht um nackte Frauen per Knopfdruck wie im Internet, meint Tallulah denn auch: „Wir feiern den Körper.“ Sie beide seien schließlich selbst keine Models. „Ich hab’ keine Titten“, gackert Jewels und packt sich illustrierend ans Mieder.

Zum „Rock-’n’-Roll-Spirit“ der „Wild Rose Revue“ gehören auch diverse Freaks. Einer sieht aus wie Rasputin und ist der russische Maler Nikolai Makarov. Im ersten Stock des Palastes bringt er seinen Kakerlakenrennstall an den Start. Wer fünf Euro auf eine der südamerikanischen Totenkopfschaben setzt, kann ordentlich was abzocken, sagt der Finsterling.

Der Krabbelsport ist nicht die einzige bizarre Schau des Abends. „Das hier ist keine seriöse Theaterproduktion“, stellt Beautiful Jewels unnötigerweise klar. Es sei eine Party, wo das Publikum gerne etwas wilder reagieren dürfe. „Wir wollen zeigen, dass das Leben sexy und überraschend ist“, ergänzt Tallulah Freeway. Davon inspiriert, kann man sich dann nachts im Burlesque-Bazar des Admiralspalastes ein paar schicke Bommel für zu Hause kaufen.

Die Wild Rose Revue beginnt heute um 22 Uhr. Rein darf man ab 21.15 Uhr und die Karten gibt’s ab 16 Euro.

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