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Tempelhof: Jugendmesse You: Verteile und herrsche

Werbeschlacht ums Taschengeld: Die Jugendmesse in Tempelhof ist eröffnet. Bei 260 Ausstellern auf fast 40.000 Quadratmetern Fläche bleibt bei den jungen Gästen kein Wunsch offen.

Es ist, als wäre ein ganzes Wochenende große Pause: Es ist laut, es wird geschubst und gedrängelt, jeder lässt seinen Müll liegen, aber die Kinder haben Spaß. Zur Eröffnung der Jugendmesse „You“ strömten am Freitag bereits tausende junge Besucher in die Hallen des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Schließlich hatten die Veranstalter ja auch mit „hipper action“ in einer „urban location“ geworben, die „voll trendy“ sei. Doch die Messe zeigt, dass Jugendliche heute auf andere Reizworte reagieren. Sie lauten: „gratis“, „Schlüsselanhänger“ und „abgreifen“.

Bei 260 Ausstellern auf fast 40 000 Quadratmetern Fläche blieb bei den jungen Gästen wahrlich kein Wunsch offen. Einige dürften sich sogar Wünsche erfüllt haben, von denen sie gar nicht wussten, dass sie sie hatten. Stolz zeigt Mustafa die umfangreiche Ausbeute an Kulis, Sonnenbrillen, Bändchen und Anhängern nebst seiner neuen ADAC-Clubmitgliedschaft. Einen Bausparvertrag, sagt er, habe er erst einmal abgelehnt. „Keine Kohle.“ Möglicherweise ist er ein Einzelfall. Katrin Balensiefer, die zuständige Leiterin für Unternehmensentwicklung der Messe Berlin, bezifferte die Kaufkraft der deutschen Jugend mit sechs Milliarden Euro. Besonders im Bereich Musik und Trendsport ist die Zielgruppe deswegen hart umkämpft. Das Taschengeld ist aber offenbar der geringste Faktor.

Denn auch Tina Bund wirbt auf der You mit einem Stand für eine neue Sportart. „Blob“ heißt die. Dabei kann man sich aus einem riesigen Luftkissen ins Wasser katapultieren lassen. Kein Jugendlicher kann es sich leisten, so etwas zu mieten, geschweige denn zu kaufen. Bund glaubt aber, dass sie auf der You trotzdem richtig ist. „Die Jugendlichen erzeugen die Nachfrage.“ Zahlen werden dann die Erwachsenen. Sie ist zufrieden. Auch wenn ihr Stand etwas verwaist ist, seit sie die Limonade nicht mehr gratis verteilt. Denn den Blob kann man bei ihr nicht ausprobieren. In den Hallen neben dem Rollfeld sind die Kinder derweil dabei selbst Musik zu machen, Elektro- Skateboard zu fahren, Kopfballtischtennis zu spielen, oder als eine Art menschliches Flughörnchen beim „Bodyflight“ in der Luft zu schweben. Ihr Versprechen eine Messe zum „Mitmachen, Anfassen, Ausprobieren“ zu bieten, hat die You jedenfalls erfüllt.

Besonders gut gelingt ihr auch die Verbindung von Spaß und beruflicher Orientierung. Mitten in der Themenhalle „Sport und Freizeit“ hat die Bundeswehr Stellung bezogen. Von den Tragflächen eines riesigen Kampfjets aus werben junge, dynamische Soldaten für eine Laufbahn beim Militär. In Hangar 4, wo sich eigentlich die Ausbildungsbetriebe präsentieren, geht es deutlich ruhiger zu. Zwecks besserer Motivation dürfen Eltern ihre Sprösslinge dorthin gratis begleiten. So wird aus Spaß dann doch noch Ernst. Die Pause ist vorbei.

Jugendmesse You auf dem ehemaligen Flughafengelände Berlin-Tempelhof. Öffnungszeiten: 1. bis 3. Oktober, 10 bis 18 Uhr. Eintritt: 11 Euro

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