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Theaterhaus Mitte: Neuer Stall für Rampensäue

Das Theaterhaus Mitte am Koppenplatz muss umziehen – wieder in eine leer stehende Schule. Die neue Bleibe haben die Künstler zunächst für einige Monate sicher. Sie selbst sind optimistisch, dass das THM dauerhaft bestehen bleibt.

Es ist leicht zu erkennen, dass hier Theater gemacht wird. Bunte Plakate weisen auf Aufführungen hin, eine Tafel informiert über eine öffentlichen Probe, und an einer großen Pinnwand im Flur laden zahlreiche Aushänge zur Mitarbeit bei Chor- und Theaterprojekten ein. Eine junge Frau huscht in Ballettschuhen über den Flur und verschwindet in einem Raum, aus dem Klaviertöne klingen.

Rund 300 Produktionen nutzten im letzten Jahr die Räume im Theaterhaus Mitte (THM) am Koppenplatz zum Proben und Spielen. Unter Trägerschaft des bezirklichen Kulturamts steht das Gebäude seit dem Jahr 2000 freien Theatergruppen als Proben- und Aufführungsort zur Verfügung, dort fanden internationale Festivals wie „japan now“, Linea Traversale und das Internationale Literaturfestival Berlin statt. Doch im August ist damit Schluss. Dann wird das Gebäude wieder zur Schule, um damit die steigenden Schülerzahlen in Mitte abzufangen.

Jetzt haben die Künstler eine neue Bleibe gefunden, wenigstens für die nächsten Monate. Nach monatelangen Verhandlungen hat Dagmar Hänisch, Bezirksstadträtin für Kultur, ein teilweise leer stehendes Gebäude an der Roßstraße/Wallstraße 32 als neuen Standort für das Theaterhaus zugesagt. Mit seiner Lage am Märkischen Ufer und einer Gesamtfläche von rund 45 000 Quadratmetern gilt das Gelände als ziemlich attraktiv. Die THM-Leitung, der Verein Förderband, will hier etwa 26 neue Probenräume einrichten, das sind mehr als doppelt so viele wie am Koppenplatz. Einziges Manko ist bisher das Fehlen einer Probenbühne.

Wie im jetzigen THM sollen durch günstige Raummieten die Produktionskosten freier Gruppen niedrig gehalten werden, was vielen die Arbeit überhaupt erst ermöglicht. Die Verwaltung des THM erwartet, dass wie schon am Koppenplatz der größte Teil der Kosten von den Nutzern getragen wird, sobald der Probenbetrieb läuft. Wer in den nächsten Monaten für die Mehrkosten aufkommt, wird zurzeit noch verhandelt. Da das Gebäude verwaltungstechnisch eine Schule ist und nicht ohne Weiteres vom Bezirk als Kulturstätte genutzt werden kann, übernimmt die Gesellschaft für Stadtentwicklung mit der Stiftung Sozialpädagogisches Institut „Walter May“ bis zum 31. Dezember die Treuhänderschaft für das Haus und vermietet es zur Kostenmiete, also zu den real entstehenden Kosten, an den Verein Förderband. Bis Jahresende soll die Immobilie dann vollständig aus dem Bezirksvermögen herausgelöst und an den Treuhänder übergeben werden, was nur mit einer Zustimmung des Senats möglich ist. Um die höhere Kostenmiete ab Januar 2010 aufbringen zu können, müsste dieser das Haus jährlich mit einer Förderung von rund 100 000 Euro unterstützen. Die Fraktionen des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus befürworten den Antrag für einen zentralen Produktionsort für freies Theater, doch ob die Senatsverwaltung für Finanzen ihre Zustimmung erteilt, hängt von den Haushaltsverhandlungen ab und wird frühestens im Herbst entschieden.

Deshalb konzentriert man sich im THM auf die nächsten Schritte, anstatt auf einen Beschluss zu warten. Viel Zeit zum Grübeln bleibt den Künstlern ohnehin nicht, denn schon am 20. Juli müssen sie das Gebäude am Koppenplatz räumen. Um den Probenbetrieb auch während des Umzugs aufrechtzuerhalten, will man schon eine Woche vorher die ersten Probenräume an der Wallstraße fertigstellen. Neugierige, die darauf nicht warten wollen, können sich die neuen Räume bei einem Eröffnungsfest am 3. Juli ansehen, bei dem sich Haus und Künstler am neuen Standort vorstellen. Das könnte vorerst die letzte Gelegenheit sein, den Artisten und Schauspielern live in ihrem Haus bei der Arbeit zuzusehen. Bis in der Wallstraße eine Probenbühne eingerichtet ist, will man ab Oktober mit anderen Spielstätten kooperieren, um übergangsweise einen Not-Spielplan anbieten zu können.

Obwohl noch längst nicht alle Fragen geklärt sind, zeigen sich die Künstler jetzt optimistisch, dass das THM als Produktionsstandort für freies Theater bestehen bleibt. „Es ist ein zentraler Treffpunkt für die freie Szene Berlins und ermöglicht einen einmaligen Austausch verschiedenster Künstler untereinander“, schwärmt Charly Diehl von der Nutzerinitiative Theaterhaus Mitte und versichert, dass die Erhaltung des THM für die Kulturlandschaft der Stadt unerlässlich sei. Ob man das im Senat genauso sieht, wird sich zeigen.

Annika Packmor

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