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© Mike Wolff

Theaternacht: Kunst ist in der kleinsten Hütte

68 Häuser laden heute zur Langen Nacht der Opern und Theater – von der Minibühne bis zum Showpalast.

Berlins kleinste und jüngste Oper hat es geschafft: eine Bushaltestelle ist nach ihr benannt. Zumindest für diese Samstagnacht, wo sich der Bahnhof Jannowitzbrücke auf der Busroute 2 während der Langen Nacht der Opern und Theater in die Haltestelle „Hauptstadtoper“ verwandelt. Deren Sitz liegt gleich jenseits der Spree in der Rungestraße 12. Na ja, Sitz klingt etwas pompös – die Minioper mit dem Riesennamen ist ein weiß getünchter, quadratischer Laden im Parterre. Ein schwarzer Vorhang trennt das Büro, das abends Bar ist, vom Zuschauerraum, der die Bühne ist. Und zur Künstlergarderobe geht es die Kellerluke runter.

„Wir sind stolz, bei der Langen Nacht mitmachen zu dürfen, obwohl wir noch so neu sind“, sagt Chefin Kirstin Hasselmann, die die Hauptstadtoper im Februar letzten Jahres gegründet hat. Dabei passt sie mit dem Prinzip „nicht kleckern, sondern klotzen“, das zur tollkühnen Betitelung ihrer freien Musiktheaterbühne führte, bestens zur Langen Nacht der Opern und Theater. Nicht nur, weil deren Plan ist, von der Minibühne bis zum Showpalast möglichst viele völlig unterschiedliche Häuser der Stadt für das Publikum zu öffnen, sondern weil beim diesjährigen, zweiten Durchlauf des Spektakels unglaubliche 68 Theater und Opern dabei sind. 20 000 Theaterfans schauten sich schon vor einem Jahr Kostproben aus Dramen, Opern, Tanzperformances, Musicals, Kleinkunstshows, Puppen-, Figuren- oder Jugendtheaterstücken an oder ließen sich vorlesen und auf Hinterbühnen die Hydraulik erklären.

Zu den 23 Neuzugängen gehört neben einem Showpalast wie dem Friedrichstadtpalast mit seinen knapp 1900 Plätzen eben auch die Hauptstadtoper mit 40 Plätzen. Viele Leute, die zum ersten Mal kämen, fragen erst mal irritiert, wo denn bloß die Bühne sei, grinst die studierte Sopranistin Kirstin Hasselmann. Weil sie das klassische Opernrepertoire mit „Kostümschlachten und gähnender Langeweile“ künstlerisch auf die Dauer nicht mehr so prickelnd fand, macht sie in der Hauptstadtoper jetzt mit ein paar anderen ambitionierten Profis Musiktheater, wie es ihr gefällt: experimentierfreudig und für ein offenes Publikum, „das die Scheu vor dem Genre verlieren soll“.

Damit hat der Musicalriese Stage Entertainment, der mit allen drei Häusern Bluemax Theater, dem Theater am Potsdamer Platz und dem Theater des Westens erstmals bei der Langen Nacht dabei ist, sowieso keine Last. Dort wird zur Langen Nacht extra eine Rikscha-Linie, das sogenannte Bike-Taxi, für Musicalfans eingerichtet. Zu sehen sind Ausschnitte aus den laufenden Shows und erstmals auch welche aus den beiden kommenden Premieren „We will rock you“ und „Hinterm Horizont“, sagt Katja Borch vom Theater des Westens.

Die kleine Hauptstadtoper hat bislang vier Produktionen auf die (nicht vorhandenen) Bühnenbretter gebracht. Die laufen ausschnittsweise immer zur vollen Stunde im Doppelblock. Mit fünf Musikern, Sängern und Schauspielern wird schon allein das ein ziemliches Getümmel. Kirstin Hasselmann, die in der aktuellen Produktion „Eurydike und Orpheus“ nach Gluck und Händel die Hauptrolle singt, aber auch in den drei anderen dabei ist, braust zwischendurch noch für ein Interview mit dem Taxi zum Schiller-Theater. Da steht nämlich der Lange- Nacht-Ü-Bus von „Radio Eins“.

Musik, Handlung, Raum – mehr braucht Oper nicht, um groß zu sein, sagt Kirstin Hasselmann. Und nach dem einen Doppelblock, der um Mitternacht in der Hauptstadtoper gespielt wird, ist dann zusammen „Abspann“ mit ein, zwei, drei Glas Wein.

Überhaupt ist Feiern fester Bestandteil der Riesenkulturparty, die die Lange Nacht der Opern und Theater trotz ihres seriösen Schwerpunkts Sprechtheater ist. In der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz steigt eine rauschende zentrale Abschlussfete. Im Theaterdiscounter in der Klosterstraße gibt es eine Rollschuhdisko zu Swingmusik. Und wer weiß, was in den acht Buslinien abgeht.

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