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© Doris Spiekermann-Klaas

Theken-Tanz: Caroshi-Bar

Es geschah am Potsdamer Platz. Nach samstäglichem Power Shopping in den Arkaden hatten compañera und junior compañera noch mentale Reserven und drängten zum Test einer Bar, bitte gleich hier.

Von Frank Jansen

Es geschah am Potsdamer Platz. Nach samstäglichem Power Shopping in den Arkaden hatten compañera und junior compañera noch mentale Reserven und drängten zum Test einer Bar, bitte gleich hier. Der drinking man hatte kaum die Überlegung „Nebenan ist das Caroshi“ gemurmelt, da war es beschlossen. Die beiden compañeras ließen sich erstaunlicherweise auch nicht von dem Signum „Raucherbar“ abhalten, das an einer Scheibe klebt. Weibliche Cocktailfans, euphorisiert durch ihre Shopping-Beute, hält kein Mann auf. Der Name Caroshi entstammt übrigens dem japanischen Begriff Kah Roh Shi und bedeutet „Tod durch Überarbeitung“.

Es war dann weniger verqualmt, als zu befürchten stand. Das liegt wohl an der ungewöhnlichen Raumstruktur: Die Tische gruppieren sich um eine weiße Säule mit solch gewaltigem Umfang, dass die Gäste nur ihre direkte Umgebung sehen (und einatmen). Am Tresen nebenan ist man dem Qualm schon eher ausgesetzt, der dann über die bunt schimmernden Bullaugen der Flaschenwand zieht.

Das Publikum war leicht bizarr, vielleicht wird das bald das Markenzeichen von Raucherbars. Im Caroshi saßen beispielsweise drei Damen mutmaßlich osteuropäischer Herkunft, offenkundig auch halbtot geshoppt, wie die Auswahl teurer Tüten vermuten ließ. Eine Dame trug einen schneeweißen Pelz und hohe, schwarze Lackstiefel (mittlere Oligarchenebene oder höheres Rotlicht), die zweite war in ein knallenges, rotes Strickkleid gepresst (dito), die dritte hingegen gab sich betont unauffällig (arme Verwandte oder russischer Geheimdienst).

Die junior compañera interessierte sich mehr für die Inneneinrichtung (orangefarbene Drehsessel, schwarzlederne Polsterbank): „Schön spacig.“ Schön bunt waren auch die virgin cocktails, die der drinking man der Teenage-Testerin empfahl. Der Coconut Kiss (Cocoscreme, Sahne, Ananassaft, Kirschfruchtsaftgetränk) wurde mit „sehr lecker“ benotet, der Mangoberry (Mangosaft, Erdbeere, Cocoscreme, Sahne) kam mit der Bemerkung „schmeckt sehr ähnlich wie der Coconut Kiss, finde ich gut“ davon.

Die anderen Drinks verdienten sich die Noten gut bis befriedigend. Der Gin Tai war passabel, der Mai Tai hätte mehr Mandelsirup vertragen können. Beim Mojito gab es nichts zu tadeln, der Sex Appeal (Erdbeere, Cocoscreme, Ananassaft, Sahne, Pfirsich) kam bei der compañera ähnlich gut an wie Coconut Kiss und Mangoberry beim Nachwuchs. So endete dieser Samstag recht freundlich: weder ein Tod durch Überarbeitung noch Ableben durch Shopping. Es stimmt also: Cocktails save your life! Frank Jansen

Caroshi, Linkstraße 4, Tiergarten, Telefon 2529 3352, montags bis freitags ab 12 Uhr, samstags/sonntags ab 17 Uhr

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