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THEKEN Tanz: Gendarmerie

Mehr Bourgouisie als Bohème: Wer Lokale am Gendarmenmarkt besucht, sollte betucht sein und gut aussehen. Stilvoll trinken kann man seit Anfang Mai auch in der Bar Gendarmerie.

Man sollte betucht sein, gut aussehen und nicht von Minderwertigkeitskomplexen geplagt sein. Wer die Lokale am Gendarmenmarkt aufsucht, wird mit neomondänem Ambiente konfrontiert, das bisweilen zum semidiskreten Charme der Nouveaux Riches de Berlin mutiert. Hier ist die Stadt mehr Bourgeoisie als Bohème. Die Newton Bar wäre da als Hotspot zu nennen. Wer hier den Korken einer Champagnerflasche abschießt, trifft die Mauern des neoklassizistischen, postmodern aufgehübschten Humboldt-Carrés, in dem ein weiterer Tempel für all jene eröffnet wurde, die Hunger- und Durstgefühlen stilvoll abhelfen wollen. Das (nicht: die) Gendarmerie prunkt seit Mai in die Gegend hinein, am Gendarmenmarkt nah genug dran, um diesen Namen zu tragen.

Josef „Joe“ Laggner ist wohl nicht der Mann, der sich von ein paar Millimetern Distanz auf einem Stadtplan einen Titel für eines seiner Restaurants vorschreiben ließe. Der barocke Österreicher platziert Lokale, wie es ihm passt – und hat Erfolg. Die Newton Bar ist nur ein Beispiel, Backe an Backe das Lutter & Wegner ebenso. Und nun soll das (oder doch besser: die?) Gendarmerie die Stadt bereichern. Könnte das zumindest mit der Hausbar gelingen? Drinking man und compañera tranken sich mal an die Gendarmen heran.

Der Kupferplattentresen und das Rundhockerdefilee sind gigantisch lang, die drei Säulen im Bar-Abteil riesig hoch, das Extremgemälde des Kanado-Berliner Künstlers Jean-Yves Klein prangt so gewaltig an der Wand, dass allein der Gedanke, es könnte herabfallen, das Bedürfnis nach einer größeren Dosis Alkohol wecken kann. Und das alles in einer Halle, in die bestimmt fünf Doppelstockbusse passen. Die sind aber nicht so nett eingerichtet wie das/die Gendarmerie, mit eleganten braunen Lederpolsterbänken und weiß eingedeckten Tischen.

Dann geschah noch ein kleines Wunder. Der drinking man bekam erst zum zweiten Mal in der Thekentanz-Zeit einen Cocktail (es war ein Gimlet) mit Tanqueray Rangpur serviert, dem raren Edelgin aus dem Nirvana indischer Limetten. Superb. Der Mai Tai stand dem nicht nach, der Brandy Alexander übertraf jeden nichtflüssigen Nachtisch (und wurde vom Keeper sogar nachgefüllt). Sehr angenehm war auch der nichtalkoholische Sweet Child in Time (weißer Pfirsich, Aromen weißer Schokolade, Grapefruitsaft, Maracujanektar). Wer mehr Gin benötigt, kann hier neben Tanqueray Rangpur 15 weitere Sorten kosten. Der drinking man, bekennender gin fan, wird sich wohl einen Platz an der Gendarmentheke reservieren. Frank Jansen

Gendarmerie, Behrenstraße 42, Mitte, Tel.: 76 77 52 70, täglich 11 bis 2 Uhr

Frank JansenD

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