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Thekentanz: Bar mit Understatement: Das Homes

Neben dem Kirk gibt es in Kreuzberg eine weitere Cocktailbar-Perle: Das Homes. Die Bar überzeugt mit angenehmem Understatement und leckeren Snacks - von der Qualität der Cocktails ganz zu Schweigen.

Von Frank Jansen

Trotz aller Yuppie-Manie, ob nun echt oder eingebildet, gibt es in Kreuzberg immer noch Ecken, die so ganz und gar nicht straight and modern sein wollen. Das Viertel um den Schlesischen (U-)Bahnhof hält hartnäckig am Döner-und-Dosenbier-Image fest. So kommt es einem zumindest vor, wenn man die harnduftige BVG-Station verlässt und von Leuten gemustert wird, denen ein Sakko-Träger wohl schon als Finanzkrisengewinnler erscheint.

Aber, wie so oft, ist natürlich alles komplexer. Denn nicht weit entfernt, in der Skalitzer Straße, prunkt das Kirk, eine der besten Cocktailbars in Kreuzberg. Und es gibt ein Pendant in der Schlesischen Straße. Das Homes fällt allerdings kaum auf, weder ist es grell beleuchtet noch schallt Clubsound heraus. Das ist auch angenehm, selbst wenn Understatement nicht unbedingt den Umsatz in Schwung bringt. Aber vielleicht definiert sich die Bar aus dem gepflegten Trinkerlebnis heraus. Gerade hier, im good old Schmuddelquartier SO 36.

Im Homes dominiert elegantes Lounge-Interieur. Graugepolsterte Sitzecken, schlanke Tische, ein langer, schnurgerader Tresen, an den Wänden aufgesprühte Soul-Motive wie aus einer Motown-Plattensammlung. Von einer Tapete blickt großflächig eine junge, schwarze Frau mit Afrolook-Frisur auf die Gäste. Der lange, breite Raum wird denn auch mit älterem und modernem Soul beschallt, aber nicht zu laut. Auch die Beleuchtung ist gedämpft, vielleicht sogar etwas zu sehr. Die dünnen, herunterhängenden Lampenquerstangen mit den Glimmerdrähten wirken potenziell einschlafträchtig.

Der Keeper, ein quirliger Typ mit einem duttartig zusammengebundenen Pferdeschwanz im Nacken, bringt fix die Karte, erläutert kompetent ein paar Drinks – und empfiehlt einen georgischen Snack. Georgisch? Der drinking man und der ihn begleitende compañero schauten sich, ungewollt mit Kriegsbildern im Kopf, fragend an. Der Keeper lachte: „Ich beteilige mich nicht an einer Kampagne ,Waffen für Georgien’.“ Seine Frau stamme aus Georgien. Alles geklärt. Das „Chatschapuri“, eine Teigtasche mit Käse, schmeckte in übrigen gut.

Diese Bewertung wäre bei den Cocktails fast schon untertrieben. Viel besser kann man in Kreuzberg kaum trinken: Der Cactus Banger (Tequila, auf Keepers Empfehlung ein Sauza Hornitos, „100 % Puro de Agave“, dazu Grand Marnier, Limetten- und Orangensaft) war exzellent. Der Mai Tai ebenso, auch der Old School Mai Tai (mit 15 Jahre altem Rum, stärker als stark) überzeugte. Ungewöhnlich, aber dennoch superb im Geschmack präsentierte sich der vom Keeper komponierte, lindgrüne Frozen Fruit Daiquiri mit Ananas, Minze und Honig.

Homes stammt übrigens von Homie – eine Anrede unter Rappern, wenn es freundlich zugeht. Vielleicht ist der Name ein Tribut an die Umgebung. Man könnte dennoch auf die Idee kommen, die Bar sei hier einen Tick zu chic. Aber der drinking man versichert ihr seine uneingeschränkte Zuneigung. Nur die Lux-Zahl sollte ein wenig steigen.

Homes, Schlesische Straße 28, Kreuzberg, Tel.: 75 44 26 88, täglich ab 12 Uhr

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