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Jacksons

© Rückeis

Wanda rockt: Von wegen altersleise

Einst war Wanda Jackson die erste Frau im Rock’n’Roll. Morgen singt die 70-Jährige unterm Funkturm.

Man könnte die ältere Dame mit den schwarzen Locken und den funkelnden Augen für eine amerikanische Touristin halten, die sich kurz im Café vom Sightseeing erholt. Wären da nicht die vielen Kameras. Fotos, Händeschütteln, ein Lächeln, Autogramme. „Let’s rock!“, schreibt die freundliche Lady in Schnörkelschrift auf die elektrische Gitarre eines jungen Mannes, der ihr Enkel sein könnte.

Erst kürzlich kommentierte Bob Dylan in seiner Radiosendung Wanda Jacksons großen Hit „Let’s Have A Party“ von 1960 mit den Worten: „Wanda Jackson war eine Atombombe mit Lippenstift. Sie war die Königin des Rockabilly!“ Morgen wird die inzwischen 70-jährige Wanda Jackson wieder in Berlin rocken, begleitet von der Berliner Band „Hannes & The Blue Vinyl Freaks“: im Rahmen der „10. Rock’n’Roll & Oldie Night“ im Palais unterm Funkturm.

Dass sie noch fast so wild und gefährlich krähen und krächzen kann wie als Teenager in den 50er Jahren, mit dieser einzigartigen Stimme, in der immer noch Furor und Aufruhr des frühen Rock’n’Roll aufblitzen, hat sie vor drei Jahren mit einem Konzert im „Frannz“ gezeigt – und was sie dabei immer noch für einen unglaublichen Spaß hat.

„Ich war die erste, die ein bisschen Glamour in die Countrymusik brachte. Schulterfreie Kleider, hochhackige Schuhe, lange Ohrringe“, erzählt Wanda Jackson. Prompt erregte sie Anstoß damit. Der junge Elvis war es, der sie ermutigte, von der konservativ braven Countrymusik zum rebellischen, damals keineswegs salonfähigen Rockabilly zu wechseln. 1955 und 1956 ging sie mit Elvis auf Tour. Das war zu einer Zeit, als junge Sängerinnen noch niedlich zu sein hatten, die Stimmen lieblich und nicht krächzig, die Erscheinung mild, nicht wild. So wurde Wanda Jackson die erste Frau, die in die männliche Domäne des rohen Rock eindrang. Und damit auch zur Wegbereiterin späterer „Riot Girls“ wurde.

Wanda hat immer gemacht, was sie wollte, was sie für richtig hielt: Sie hat zum Missfallen ihrer Plattenfirma abwechselnd Country und Rockabilly gesungen. Sie hatte zu Zeiten strikter Rassentrennung einen schwarzen Pianisten in ihrer Band, den sie, wenn es sein musste, entschieden vor rassistischen Angriffen schützte.

In den 60ern, als der enorme Erfolg der Beatles ihr in den USA das Wasser abgrub, hat sie in Deutschland Schlager aufgenommen – dubios und erfolgreich. „Santo Domingo“ mit deutschem Text wurde ein Hit. In den 70ern hat sie das Christentum für sich entdeckt und für Jahre ausschließlich Gospel gesungen. In den 80ern ist sie zurückgekehrt zum Rockabilly.

Heute freut sie sich, dass sich junge Leute wieder für ihre Musik interessieren. „Weil es einfach gute Musik ist. Lebendig, leidenschaftlich, fröhlich, aufrichtig und unverfälscht.“ Und sie ist amüsiert darüber, dass sich viele junge Frauen wieder so kleiden und die Haare so tragen wie sie damals in den 50ern. „Nur dass sie heute alle diese scheußlichen Piercings und Tattoos haben!“

„10. Rock ’n’ Roll & Oldie Night“ mit Wanda Jackson, Chris Andrews, Firebirds, Cool Cats, Teach Toys, Tough Guys. Am 26.4., 19.30 Uhr im Palais am Funkturm. Eintritt: 39 Euro

H.P. Daniels

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