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Stadtleben: Weltmusik aus Pankow

Heute Abend spielt Fabian Schnedler mit seiner Band Fayvish jiddischen Pop

Der junge Mann reißt die Tür auf, rennt die Treppe rauf. Oben angekommen tritt er in einen unspektakulären Raum, hier steht ein liebevoller Misch-Masch aus Verstärkern, einem alten Klavier, einfachen Wandregalen. Den Probenraum von „Fayvish“ in der Pankower Mühlenstraße schmückt ein fledderiger Perserteppich, der sich an einer Wand entlangspannt. Traditionell und modern, bunt, nicht einzuordnen – so wie Fabian Schnedlers Band. „Yiddish Acoustic Pop, damit sitzen wir zwischen allen Stühlen“, sagt der Sänger und Songwriter.

Der 35-jährige Schöneberger hat einen Magister Artium, er hat Zivildienst gemacht in der Jüdischen Gemeinde Prag, er hat drei Bands – und er spricht jiddisch. Dazu kam er als er noch ein Junge war. Damals fuhr er mit seinen Eltern nach Italien. Sein von Israel begeisterter Papa legte irgendwann im Auto eine Kassette ein – „Zupfgeigenhansel“, eine deutsche Folkband. „Die haben 1979 eine sehr gute Platte mit jiddischen Liedern gemacht. Das war’s dann irgendwie“, sagt Fabian. In Prag brachte er älteren Juden das Essen und „quatschte mit ihnen“. Da hatte sich der blonde Abiturient aus Berlin schon längst in die jiddische Sprache verguckt. „Ich habe dann später jiddische Philologien in Trier studiert und beschäftigte mich vor allem mit jiddischer Musik in Deutschland“, sagt er. Schnedler spielte als Jugendlicher Klarinette. In Musikworkshops lernte er Gitarrezupfen und sang vor allem Tenorstimme.

Die kommt aber nicht nur bei „Fayvish“ zur Geltung, auch bei „Tants in Garten Eydn“, seiner Klezmer-SchwoofBand, und bei „Schikker wi Lot“. „Berauscht wie Lot“, heißt das, und da singt Schnedler gemeinsam mit Akkordeonistin Franka Lampe Ganovenlieder über Bösartiges, Launiges und Satirisches.

Jiddische Lieder findet der Berufsmusiker auf alten Platten und Noten aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die er auch schon mal in New York aufstöbert. Mit der Band Fayvish wird daraus Traditionsmusik mit Poprhythmus, manchmal sind elektronische Sounds dazugemischt. Die Texte sind lyrisch, schwebend. Eine klare, helle Stimme, ein Kontrabass, eine Trommel – und fertig ist die klagende, fröhliche Weltmusik. Liva Haensel

Fayvish spielt heute Abend im „Gelegenheiten“, Weserstraße 50, Neukölln, 20 Uhr. Weiteres unter: www.gartn-eydn.de, www.schikker-wi-lot.com

Liva Haensel

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