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West-City: Das Riesenrad am Zoo lässt auf sich warten

Vor fast sieben Jahren begann die Diskussion um das große Rad in Berlin. Die Aussichten für das City-Projekt sind schwindelerregend, aber auch ernüchternd. Noch wird über Gelände-Altlasten verhandelt.

Ein Riesenrad vermittelt Weisheiten. Es kommt leicht oder schwer in Fahrt, es geht gern rund, wer’s in Schwung bringt, dreht ein großes Rad, vielleicht dreht er auch durch. Es klemmt und trudelt, es kommt ins Schwanken, kann selbst unters Rad geraten. Seine Gondeln sind mal oben, mal unten, immer in der Schwebe. Ein Riesenrad ist eben eine Berg- und Talfahrt. Es geht zu wie im richtigen Leben.

Warum soll es beim Berliner Aussichtsrad anders sein? Anders sind nur seine Kosten von120 Millionen Euro und seine versprochene Größe von 175 Metern, die es von mickrigen Exemplaren unterscheidet, die sich auf Volksfesten und Weihnachtsmärkten drehen. Auch will es nach Auskunft seines Bauherrn und der Behörden lieber „Aussichtsrad“ genannt werden. Der Gigant ist schon geschrumpft. Als der symbolische Spatenstich auf dem Gelände des alten Zoo-Wirtschaftshofs fast genau vor einem Jahr gefeiert wurde, sollte das Rad zehn Meter höher ausfallen. Da war auch ein Drehbeginn Ende 2009 geplant.

Nun müssen Genehmigungen für die neugeplante Abflughalle eingeholt werden. Sie ist, weil sie den Kostenrahmen zu sprengen drohte, einfacher, schlichter ausgefallen, in Absprache mit den Behörden. Das Gebäude ist nicht mehr rund und wellenförmig, sondern eckig. Das Genehmigungsverfahren werde Zeit kosten, das sei doch logisch, meint der Investor. „Ich habe noch 2010 im Visier“, sagt Michael Waiser, Geschäftsführer der Great Berlin Wheel, einen genauenTermin will er nicht nennen. Ihn ärgere das Gerede und Spekulieren über sein Projekt. Er wolle in Ruhe arbeiten.

Baugenehmigungen seien kein Grund zur Verzögerung, meint dagegen die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) kann ihr nur zustimmen. Er hat versprochen, die kleinere Variante der Abflughalle bis spätestens März 2009 zu genehmigen. Aber zuvor muss er spätestens in diesem Monat einen Bauantrag auf dem Tisch haben.

Es geht auch noch um die vermutete Schadstoffbelastung in den alten Gebäuden des Wirtschaftshofes, dessen Gelände Waiser für 25 Millionen Euro gekauft hat. Die Gebäude aus den fünfziger Jahren müssen abgerissen werden, bevor überhaupt die Baugrube für das Riesenrad ausgehoben werden kann. Der Investor ist der Ansicht, dass sich das Land Berlin an der Altlastenbeseitigung – möglicherweise Asbest? – beteiligen muss. Das Land aber ist der Ansicht, dass es nur ab einer gewissen Schadenshöhe in Anspruch zu nehmen ist. Noch wird darüber verhandelt, dann müssen Bodengutachten des Investors vorliegen, diese Untersuchungen sollen wiederum von Fachleuten des Senats begutachtet werden, wenn sich das Land an den Kosten beteiligt. Dann müssen die Altlasten-Sanierungsarbeiten ausgeschrieben werden. Das alles klingt reichlich zeitraubend.

Das Aussichtsrad wird, wenn es gebaut wird, immer noch höher sein als das große Vorbild London Eye mit seinen 135 Metern, an dem übrigens sieben Jahre gearbeitet wurde. Vor fast sieben Jahren begann die Diskussion um das große Rad in Berlin, um seine möglichen Bauherren, um seine Standorte. Die Aussichten für das große City-Projekt sind schwindelerregend, aber auch ernüchternd. Das gehört nun mal zu einem Riesenrad. Auch wenn es sich noch gar nicht dreht. Christian van Lessen

Christian van Lessen

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