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Zehlendorfer Operngenuss: Die Zauberflöte auf der Seebühne

Ab 11. August wird im Strandbad Wannsee auf einer Seebühne der Klassiker gezeigt. Geprobt wird in Turnhalle. An den Kulissen hat auch Udo Bausch, genannt Dreizehn, mitgebaut.

Die drei Damen proben schon: „Tamino, dir ist Tod geschworen“, singen sie, während hinter ihnen die Felsen aus Holz in die Höhe ragen, die bei den Seefestspielen Wannsee die Kulissen bilden werden. „Die haben wir mit zehn Mann drei Tage lang zusammengeschraubt“, sagt Dreizehn. Eigentlich heißt er Udo Bausch, aber das „UB“, mit dem er immer unterschrieb, sah irgendwann aus wie eine 13. Das gefiel ihm. „Und jetzt heiße ich eben so.“ Dreizehn gehört zum Techniker-Team, das dafür sorgt, dass ab 11. August die „Zauberflöte“ im Strandbad Wannsee über die Bühne geht. Im Moment haben sie gut zu tun in der Zehlendorfer Onkel-Tom-Sporthalle: Dort ist die Probebühne aufgebaut.

Dreizehn zeigt auf ein enormes eisernes Kleid: „Das wird die Königin der Nacht tragen.“ Die Sängerin, Chelsey Schill aus Kanada, wird mit einem Hubsteiger – die kommen sonst bei der Reparatur von Straßenlaternen zum Einsatz – emporgehoben. Dreizehns Aufgabe ist es, die Flügel – ja, die Königin wird Flügel haben – aus Eisen zu bauen. Sie dürfen nicht zu schwer sein, höchstens 20 Kilo. Da nützt ihm seine Erfahrung beim Bau von Gletscherfahrrädern.

Von was? Ja, Dreizehn baut superleichte Hochgeschwindigkeitsfahrräder, mit denen er Gletscher in den französischen Alpen hinuntersaust. Und das ist nicht das einzige Außergewöhnliche an seinem Leben. Die größte Extravaganz steht draußen vor der Halle: Ein selbst gebauter Wohnwagen aus Holz. Dreizehn lebt in ihm. Einen festen Wohnsitz hat er nicht. „Ich bin Handwerker, Schreiner, Schlosser – oder Hofnarr, suchen Sie sich was aus“, sagt er. Das war schon ein langer Satz. Meistens sehen seine Antworten so aus: „Warum leben Sie im Wohnwagen?“ – „Warum nicht?“

Mit Oper hatte Dreizehn bisher nichts zu tun

Dreizehn entstammt einer Schreinerfamilie aus Bad Cannstatt. Er hat in Südeuropa einen Wanderzirkus betrieben und am Bodensee einen Pferdehof. Aber das sesshafte Leben war nichts für ihn. Vor einigen Jahren entschied er sich für die Straße. „Da hat man keine Nachbarn.“ Sein Wohnwagen wird von einem Traktor, Modell Eicher Tiger, bayrische Produktion, Baujahr 1964, gezogen, er hat ein Bett und einen – natürlich selbst gebauten – Ofen mit Schamotte: „Drei Briketts, und nach zehn Stunden hat’s immer noch Glut.“ Der Strom für den Kühlschrank kommt von einer Solaranlage.

Und so zieht Dreizehn mit 20 km/h durch die Lande und bleibt, wo er einen Auftrag bekommt. Er hat Solar- oder Biogasanlagen und Kulissen für Videos der Fantastischen Vier und der Toten Hosen gebaut, er hat Tische, Regale, Schränke und ein DJ-Pult entworfen. Und jetzt hilft er eben bei der „Zauberflöte“. Von Papageno hat er zwar schon mal gehört, aber mit Oper hatte er bisher nichts am Hut. „Mein Part ist die Technik. Es könnte auch Kino oder Kabarett sein – es muss funktionieren.“ In der Kunst- oder Designszene hat er sich nie wohlgefühlt, er nimmt kein Blatt vor den Mund: „Da tummeln sich viele Schwätzer. Die pfuschen irgendwas und nennen es Kunst. Ich lege Wert auf Funktion. Gute Technik sieht gut aus.“

Gut dürfte auch die von Momme Röhrbein entworfene schwimmende Seebühne aussehen, wenn sie endlich fertig ist. Die geplante Pyramide ist zu groß für die Onkel-Tom-Halle, die kommt später. Ab 18. Juli wird alles auf über 100 Pontons in Gatow zusammengeschraubt und am 27. Juli mit dem Schiff über den Wannsee zum südlichen Teil des Strandbads geschippert, wo 4700 Sitzplätze aufgebaut werden. Anwohnerproteste wie in Potsdam gibt es laut Intendant Christoph Dammann bis auf einen einzigen negativen Brief nicht.

Bis Ende August werden die Seefestspiele laufen. Wenn alles vorbei ist, zieht auch Dreizehn weiter und trifft auf neue Leute – wie auf jenen Polizisten in der Nähe von Hannover, der ihn vor einigen Wochen angehalten hat: „Ich könnte Ihr Fahrzeug stilllegen“, hatte der gesagt, „aber das lasse ich sein, weil Sie das tun, was ich gerne machen würde.“

Tickets zwischen 40 bis 79 Euro unter Tel. 29 021 521 (die Nummer ist von 7.30 bis 20 Uhr geschaltet). Oder im Netz unter www.tagesspiegel.de/shop

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