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Mit Berlin verbunden. Auch auf dem „Boulevard der Stars“ am Potsdamer Platz wurde Vicco von Bülow geehrt.

© Doris Spiekermann-Klaas

Zum Tod von Loriot: Bülows Spuren in Berlin

Loriot hinterlässt viele Spuren in der Stadt, eine ganz besondere führt zum Savignyplatz: Auf der Karte seines Lieblingsitalieners trägt ein Gericht seinen Namen.

Ein kleines Messingschild hängt links am Tresenrand: „Loriot“. „Genau hier hat er immer seinen Kaffee getrunken“, erzählt Camillo Dzeladini, Wirt des „Restaurante Aida“ in der Knesebeckstraße 83. Loriot war Stammgast, schräg über dem Restaurant hatte er eine Wohnung, in unmittelbarer Nähe des Charlottenburger Savignyplatzes. An den Wänden hängen Fotos, die Vicco von Bülow zeigen, mal mit dem Wirt, mal vor einer Portion Pasta. Sein angestammter Tisch ist an diesem verregneten Dienstagmittag verwaist.

„In den letzten Monaten kam er wegen seiner schlechten Gesundheit nicht mehr, aber wir haben oft telefoniert“, erzählt Dzeladini. Er zeigt ein Buch, in das Loriot eine Widmung geschrieben hat. Auch in der Speisekarte findet sich eine Erinnerung: das „Loriot-Lachs-Carpaccio“, mit Artischocken in Zitronen-Olivenöl-Vinaigrette. Neben der Fischsuppe hat Loriot es selbst am liebsten gegessen, zur Erinnerung an ihn hat es heute aber noch niemand bestellt, die traurige Nachricht ist ja noch sehr frisch. Auch das schwarze Trauerband um ein großes Loriot-Porträt an der Wand ist noch in Arbeit.

Carpaccio Loriot. Von Bülow ließ sich mit Camillo Dzeladini fotografieren; der widmete seinem Nachbarn ein Gericht.
Carpaccio Loriot. Von Bülow ließ sich mit Camillo Dzeladini fotografieren; der widmete seinem Nachbarn ein Gericht.

© Nik Afanasjew

„Er war hier ein vertrautes Gesicht, sein niveauvoller Humor war beispielhaft“, sagt Stammgast Hubert Niendorf. Mit zwei Freunden stößt er auf Loriot an – mit einem Cappuccino, das sei der frühen Stunde geschuldet. „Man verliert einen großen Freund“, sagt Dzeladini, allgemeines Nicken im Restaurant.

Die Gegend um den Savignyplatz hatte es Loriot angetan. „Wie ein dörfliches Beisammensein“ – so beschrieb er das Viertel 2003 in einem Interview, in dem er auch Berlin eine Liebeserklärung machte: „Es ist mein Zuhause, meine Heimat. Ich könnte hier auf einer Parkbank übernachten oder in der U-Bahn: das Geräusch und der Geruch dieser Stadt. Hier habe ich meine Jugend verlebt.“ So hat er hier denn auch viele Spuren hinterlassen. Der „Boulevard der Stars“ ohne Loriot? Undenkbar, auch wenn man derzeit, da der Mittelstreifen der Potsdamer Straße wegen Vorbereitung neuer Sterne abgesperrt ist, von seinem ausgeschlossen ist.

Gruß an den Nachbarn. Loriot hatte es nicht weit bis zum Restaurant.
Gruß an den Nachbarn. Loriot hatte es nicht weit bis zum Restaurant.

© Nik Afanasjew

Doch auch im nahen Museum für Film und Fernsehen kann man Loriot gedenken, etwa indem man im vierten Stock auf dem dort stehenden grünen Sofa Platz nimmt, ein Nachbau des aus den Sketchen mit Evelyn Hamann berühmt gewordenen Sitzmöbels. Die Sendungen der beiden, Loriots Filme, seine Interviews kann man sich gleich nebenan in der Programmgalerie des Museums noch einmal ansehen.

Loriot hatte 2006 die Rede zur Eröffnung des Fernsehmuseums gehalten, zwei Jahre später revanchierte man sich mit einer großen Schau zu seinem 85. Geburtstag. Auch das Drehbuch zu „Pappa ante Portas“ war dort zu sehen, den Film hatte er 1990 in den damals von Abwicklung bedrohten Defa-Studios in Babelsberg gedreht.

Er stammte aus Brandenburg an der Havel, am 12. November 1923 wurde er dort geboren und wenig später in der St. Gotthardt-Kirche getauft. Vor allem seiner Mitwirkung ist es zu verdanken, dass ein 1996 gestarteter Spendenaufruf (Motto: „Keine Chance der Steinlaus!“) so erfolgreich wurde und nach anderen maroden Teilen des Gotteshauses auch die Taufkapelle saniert werden konnte. Nachträglich zum 85. Geburtstag erhielt er sie vor zwei Jahren quasi als Geschenk.

Kleine Erinnerung. Von Bülow machte seinem Lieblingswirt Geburtstagsgeschenke.
Kleine Erinnerung. Von Bülow machte seinem Lieblingswirt Geburtstagsgeschenke.

© Nik Afanasjew

Auch um Berlins Kultur- und Gesellschaftsleben hat Loriot sich seit Jahrzehnten hoch verdient gemacht. Zu den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Berliner Philharmoniker steuerte er 1982 Sketche für eine „Philharmonische Revue“ bei, er selbst als Generalmusikdirektor Prof. Leauriaut – eine Vorbereitung auf die „Notwendigen Anmerkungen zu dramatischen Musikbeispielen“, mit denen er zwischen 1995 und 2004 die Besucher der alljährlichen Berliner Aids-Gala beglückte. Vor allem ihm ist es wohl zu verdanken, dass dieser Benefizabend zu einem der wichtigsten gesellschaftlichen Veranstaltungen Berlins wurde, mit großer Ausstrahlungskraft weit über die Stadtgrenzen hinaus.

Selbstverständlich hat man Loriot in Berlin auch gerne Preise und andere Würdigungen zuteil werden lassen. So verlieh man ihm vor zwei Jahren im Palais am Funkturm den Deutschen Filmpreis. Auch zu akademischen Würden ist er hier gelangt: 2003 Honorarprofessor der Universität der Künste. Eine normale akademische Rede zur Ernennung war bei einem wie ihm nicht zu befürchten. Es sei der ehrwürdigen Anstalt also gelungen, „im Rahmen einer Feierstunde das Durchschnittsalter ihrer Professoren bedrohlich anzuheben“. Auch müsse man sich sorgen, „dass nichts von mir zu lernen sei außer einigen altmodischen Umgangsformen“. Großer Beifall.

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