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Stadtspaziergang mit Karoline Herfurth: "Grundsätzlich hat sich Berlin ja stark verändert"

Mit „Das Parfum“ und „Fack ju Göhte“ wurde Karoline Herfurth berühmt. Nun spielt sie eine Hauptrolle in „Beat“. Ein Spaziergang durch das Viertel ihrer Jugend.

Da muss sie jetzt durch: Spazierengehen mit Stöckelschuhen, heißt es nun für die Schauspielerin Karoline Herfurth. Den ganzen Tag hat sie im Soho House in Mitte Pressegespräche zur neuen Amazon-Serie „Beat“ abgehalten, in der sie eine Hauptrolle spielt. Fotoshootings inklusive, deswegen auch die hohen Schuhe. In denen sie sich während des Spaziergangs durch Mitte, wo sie aufgewachsen ist, auch ganz gut macht. Erst am Ende erbittet sie sich eine Pause, weil die Füße dann doch ein wenig schmerzen.

In Stöckelschuhen könnte man sich die etwas trutschige Referendarin Lisi Schnabelstedt kaum vorstellen, die Karoline Herfurth im Kino-Hit „Fack ju Göhte“ verkörperte, was sie endgültig zu einem Star gemacht hat. Eine ganz andere Rolle spielt sie nun in „Beat“. Als unterkühlte, kontrollierte Agentin eines europäischen Geheimdienstes ist sie hier der Russenmafia, illegalem Waffenhandel und Verbrechen an Geflüchteten auf der Spur.

Zwischen Techno und Schlagern

Ermittelt wird dabei im Milieu der Berliner Clubkultur. Partyszenen wurden im Kit-Kat-Club, im Kraftwerk und im Watergate gedreht, der Club, der im Mittelpunkt des Geschehens steht, ist an das Berghain angelehnt. Die Serie ist rasant erzählt, die Szenen aus dem Berliner Nachtleben wirken einigermaßen realistisch. Allein: Irgendwann haben die Macher der Serie deutlich Schwierigkeiten, die Übersicht über all die Handlungsstränge zu behalten und es wird alles ein wenig konfus. Techno spielt natürlich eine bedeutende Rolle in der Serie und die Titelmusik stammt von Marcel Dettmann, einem Berliner Star-DJ.

Ja, es ist sehr viel Techno zu hören, und, ausgerechnet: Deutscher Schlager. Beides nicht unbedingt ihr Ding, sagt Karoline Herfurth auf dem Weg vom Soho House in Richtung Volksbühne. Jannis Niewöhner, der in „Beat“ den Party-Veranstalter Robert Schlag spielt, kenne sich zumindest mit Techno viel besser aus als sie. Auch mit der Club- und Partykultur in der Stadt habe sie es nicht so. Vielleicht sei sie mal im Watergate tanzen gewesen, sie könne es aber gar nicht so genau sagen. „Ich bin“, fügt sie hinzu, „eigentlich ziemlich uncool.“ Sie formuliert das freilich mit dem Wissen, dass man diese Aussage sowieso nicht ganz ernst nimmt.

Zurechtfinden im vereinten Berlin

Denn natürlich ist sie ziemlich cool. Sie war auf der Ernst-Busch-Schauspielschule und hat danach ein Studium der Sozial- und Politikwissenschaften an der Humboldt-Universität begonnen, obwohl es zu der Zeit längst prächtig lief mit der Schauspielerei. Sie sei sogar immer noch eingeschrieben, sagt sie. Sie ist nun 34 Jahre alt, ihren ersten großen Kinoerfolg hatte sie mit „Crazy“, da war sie noch ein Teenager-Mädchen. Inzwischen arbeitet sie auch als Regisseurin, ihr zweiter Film, eine Komödie mit dem Titel „Sweethearts“, kommt Anfang des nächsten Jahres in die Kinos.

Geboren wurde sie in Pankow. Als Kind geschiedener Eltern wuchs sie zusammen mit sieben Geschwistern bei ihrem Vater in Mitte auf. Als Ostkind, das sich bald in einem wiedervereinigten Berlin zurechtfinden musste. Den Kaufhof am Alex, auf den sie nun zeigt, gab es auch erst nach der Wende. „In dem hatte ich eine Zeit lang Hausverbot. Weil ich einen Hello-Kitty-Stift geklaut hatte“, erzählt sie, „danach hat mir mein Vater erst einmal das Taschengeld erhöht.“

Sie kommt nun dort an, wo sie einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat, an einem Haus, direkt gegenüber der Volksbühne. „Hier habe ich bis zur Wende gewohnt“, sagt sie, „und ich weiß noch genau, wie mein Vater hier einmal von der Leiter eines Hochbetts gefallen ist.“

Ein Spielplatz im Hinterhof

Sie spaziert nun weiter die Almstadtstraße entlang. Erinnerungen kommen bei ihr hoch. Sie, die inzwischen in West-Berlin wohnt, kehrt gerade zurück an prägende Orte ihrer Kindheit. Vor einem Haus bleibt sie stehen und sagt, dass sich dort im Hinterhof früher ein Spielplatz befunden habe, auf dem sie viel herumgetollt sei. An einer anderen Stelle sei eine Telefonzelle gestanden, in der die Bewohner der ganzen Straße telefoniert hätten, weil es in der DDR ja nicht selbstverständlich gewesen sei, selber über ein Telefon zu verfügen.

Sie kommt vorbei an einem Kostümladen, von dem sie weiß, dass in diesem die Garderobe für „Fack ju Göhte“ geschneidert wurde. Gleich danach kommt auch schon das Haus, in dem sie mit ihrem Vater gelebt habe, bis sie 15 Jahre alt war. Das Haus sei damals bekannt gewesen als „Villa Kunterbunt“, im Hinterhof habe es einen Buddelplatz gegeben und gleich daneben habe sich der Kinderladen „Pippi Langstrumpf“ befunden.

Sie geht jetzt ihren früheren Schulweg entlang und an einer Stelle auf der Weinmeisterstraße, wo sich heute ein hippes Klamottengeschäft befindet, hält sie an und sagt, dass hier früher ein Schrottplatz gewesen sei. Auf diesem habe sie als Kind immer gerne herumgewühlt. „Es sah schon ziemlich anders aus hier damals“, sagt sie, „auch die Stimmung war eine ganz andere. Aber grundsätzlich hat sich Berlin ja stark verändert.“ Sie spricht nun über Gentrifizierung und sagt: „Mietpreise bilden in der Stadt die effektivsten sozialen Grenzen.“ Man merkt schon, dass sie sich immer noch für Politik interessiert.

"Hier saß ich immer in der Comic-Ecke"

Auf dem Weg zurück zum Soho House zeigt sie auf ein Eckhaus und sagt, dass sich dort früher eine kleine Bibliothek befunden habe. „Hier saß ich immer in der Comic-Ecke. Am liebsten habe ich ‘Spirou‘ und ‘Gaston‘ gelesen.“ Sie legt jetzt ihre kurze Stöckelschuhpause ein und stellt eben noch klar: „Normalerweise trage ich solche Schuhe wirklich gar nicht.“

„Beat“ läuft seit Freitag bei Amazon.de

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