zum Hauptinhalt

Berlin: Stahmer ließ Lotto-Millionen liegen

BERLIN .Alle Senatoren klagen darüber, daß sie kein Geld in der Kasse haben -, aber wenn sie dann welches bekommen, lassen sie es monatelang unangetastet liegen.

BERLIN .Alle Senatoren klagen darüber, daß sie kein Geld in der Kasse haben -, aber wenn sie dann welches bekommen, lassen sie es monatelang unangetastet liegen.So hat die Lottostiftung der Schulverwaltung vor über einem Jahr 30 Millionen für die Ausstattung der Schulen mit Computern zugesprochen.Aber erst im Sommer dieses Jahres beantragte die zuständige Projektleiterin in der Schulverwaltung, über das Geld verfügen zu können.Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger, der als Mitglied des Stiftungsrates die Zuwendung an die Schulverwaltung angeregt hatte, ist über den Vorgang im Haus von Senatorin Ingrid Stahmer "traurig bis empört", wie er dem Tagesspiegel sagt.Die Schulexpertin der CDU-Fraktion, Marion Kittelmann, bezeichnete den Vorgang als symptomatisch für die ganze Schulverwaltung.Senatorin Ingrid Stahmer (SPD) sagte, divergierende Auskünfte aus der Wirtschaftsverwaltung und die Klärung der Frage, "wer genau das Geld annehmen und damit wirtschaften darf", habe den Vorgang verzögert.

Bei dem "CidS"-Projekt sollen mit 30 Millionen Mark Schulen mit Computern sowie Internetzugang ausgerüstet, Lehrer fortgebildet und alte PCs ausgetauscht werden."Das gehört inzwischen zum internationalen Standard.Die Investition von 10 Millionen Mark pro Jahr ist als Startgeld gedacht, das Spendeninitiativen bei Eltern und Firmen anschieben soll", hatte Böger Ende August 1997 im Tagesspiegel gesagt.Insgesamt stehen 90 Millionen Mark Lottogelder für Jugendbelange über drei Jahre bereit.Während die übrigen Projekte wie die Schaffung von 1500 Ausbildungsplätzen und die Fortsetzung von "Jugend mit Zukunft"-Projekten längst laufen, lagen die ersten 10 Millionen Mark für "CidS" monatelang auf dem Lotto-Konto.Den ersten Antrag und die positive Lotto-Rückmeldung gab es schon im Oktober beziehungsweise Dezember 1997.Die "CidS"-Projektleitung stellte den endgültigen Zuwendungsantrag aber erst am 13.August 1998.Erst in diesen Tagen kamen die ersten vier Millionen Mark an.

Stahmer sagte, man habe zunächst das inhaltliche Konzept erarbeiten müssen.Dann habe es widersprüchliche Angaben der Wirtschaftsverwaltung zur Ausschreibungspraxis gegeben.Auch die Klärung der Frage, "wer genau das Geld annehmen und damit wirtschaften darf", habe den Vorgang verzögert.Die dreiköpfige "CidS"-Geschäftsstelle ist dem Landesschulamt nachgeordnet."Wir wollten keinen Schnellschuß, um ein so gewichtiges Projekt nicht in den Sand zu setzen", sagte Schulsprecherin Rita Hermanns.

Böger ist verärgert darüber, daß Geld da sei, Großsponsoren bereit stünden, um die Schulen wettbewerbsfähig zu machen - und nichts passiere.In der Schulverwaltung gebe es offenbar "ein Vollzugsdefizit".Kritik äußert auch die Finanzexpertin der Grünen, Michaele Schreyer: Die ersten Computer hätten schon nach den Sommerferien installiert werden können."Die Verwaltung hat dem Projekt offensichtlich keine Dringlichkeit beigemessen, obgleich an allen Ecken und Enden Geld fehlt."

Auch die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Marion Kittelmann, zeigte sich verärgert."Das Projekt, mit dem man jetzt ein Jahr hinterherhinkt, ist vordringlich, weil es Know-how und Motivation fördert." Die federführende Projektleiterin des "CidS"-Projektes und Pädagogische Referentin von Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD), Angelika Knubbertz, sei "mit viel zu viel Dingen belastet".

"CidS"-Geschäftsstellenleiter Markus Kuschela sagte, das Projektteam hatte die Antragsvorbereitungen zum Mai/Juni fertiggestellt.Es gebe 500 interessierte Schulen.Die europaweite Ausschreibung für die 2000 Austauschcomputer könne nun beginnen.Zudem müßten für 100 Schulen Einzelausschreibungen vorgenommen werden.

Manchmal geht der Überblick verloren...

In keinem anderen Senatsressort werden soviele Finanzzuschüsse an freie Träger, Vereine, Beratungszentren, Jugendprojekte und ähnliches verteilt wie in der Verwaltung für Schule, Jugend und Sport.Schon mehrfach haben die Haushaltsexperten den Eindruck gewonnen, daß den Verantwortlichen im Umgang mit den Finanztöpfen der Überblick fehlt.Drei Beispiele aus jüngerer Zeit

Bei der Neuordnung von Beamten-Planstellen, auf die sich sonst alle Senatsverwaltung geeinigt haben, zog die Schulverwaltung nicht mit.Auf den Beamtenstellen saßen weiterhin angestellte Lehrkräfte, die kurzfristig teurer kommen.Das führte zu Personalkostenüberschreitungen in zweistelliger Millionenhöhe.

Im Dauerkonflikt um das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) stellte sich kürzlich heraus, daß der vorläufig noch vorhandene SEZ-Etat dafür genutzt wurde, die Inbetriebnahme der neuen Schwimm- und Sprunghalle in der Landsberger Allee verdeckt zu finanzieren in der stillen Hoffnung, das Geld nach dem SEZ-Verkauf umschichten zu können.Als der Stahmer-Verwaltung 1997 auferlegt wurde, fast 30 Millionen Mark bei den Zuschüssen für freie Kitas zu kürzen, wurden die freien Träger mit großer Verspätung darauf hingewiesen, daß sie noch im gleichen Jahr mit weniger Geld wirtschaften müßten.Intern hatte man wohl gehofft, die Kürzungen im Rahmen der Haushaltswirtschaft bzw.durch den Wegfall von Kitaplätzen ausgleichen zu können.Nach Vollzug der Sparmaßnahmen stellte sich heraus, daß sechs Millionen Mark Kitazuschüsse doch übrig waren, die in den Etat zurückgeflossen sind. za

ANNETTE KÖGEL

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false