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Berlin: Stars auf der Rückbank

Russel Crowe steigt in den Wagen ein, während ihm der Chauffeur die Tür aufhält. Dann setzt der sich auf den Fahrersitz, dreht sich zu seinem Fahrgast um und sagt: "Guten Tag, Sir, für den heutigen Abend werde ich Ihr Chauffeur sein!

Russel Crowe steigt in den Wagen ein, während ihm der Chauffeur die Tür aufhält. Dann setzt der sich auf den Fahrersitz, dreht sich zu seinem Fahrgast um und sagt: "Guten Tag, Sir, für den heutigen Abend werde ich Ihr Chauffeur sein!" Meist passiert so etwas nur im Film. Für die Chauffeure der Minex GmbH ist das jedoch der Beruf. Seit Anfang der 60er Jahre ist die Firma der Fahrdienst für die Internationalen Filmfestspiele. Für den reibungslosen Ablauf dieses Berlinale Fahrdienstes ist Heidi Lauf seit 30 Jahren mitverantwortlich. Schnelligkeit und Flexibilität sind dabei für sie ein absolutes Muss, da sie den Fahrzeugeinsatz nie einen Tag im Voraus planen kann. "Wir erfahren meist erst zwei Stunden vorher, dass wir einen Gast fahren müssen", sagt die 58-Jährige. Das könne dann schon sehr stressig werden, zumal ihr während der Berlinale nur 21 lang gestreckte S-Klasse-Limousinen zur Verfügung stehen. Damit müssten ihre Chauffeure dann "mehrere tausend Fahrgäste" befördern. "Wir organisieren den Einsatz dieser Fahrzeuge und setzen unsere Chauffeure ein", sagt Heidi Lauf.

Berlinale 2002 Online Spezial: Internationale Filmfestspiele Tagesspiegel: Alle Berichte, Reportagen, Rezensionen Gewinnspiel: meinberlin.de verlost Filmbücher Fotostrecke: Stars und Sternchen auf der Berlinale Mit diesen Fahrern kann allerdings auch ein Russel Crowe nicht aushandeln, wohin ihn dieser fährt: Der Fahrgast muss mit seinem Wunsch an die Gästebetreuung der Berlinale herantreten. Die entscheidet, ob die Minex-Fahrer diesen Wunsch erfüllen. Normalerweise werden alle Gäste der Internationalen Filmfestspiele vom Flughafen abgeholt und zu Pressekonferenzen und Filmvorführungen gefahren. Aber auch Extrawünsche wie eine Stadtrundfahrt erfüllen die Chauffeure - vorausgesetzt, dass dieser Wunsch von der Gästebetreuung an sie weitergeleitet wurde. Manchmal werden die Limousinen jedoch auch "zweckentfremdet", wie Heidi Lauf berichtet. So sei vor einigen Jahren die Filmrolle eines Wettbewerbsfilms beschädigt gewesen. Eine neue sei engeflogen und in einer der Limousinen zur Abendvorstellung gefahren worden. "In einem anderen Berlinale-Jahr hat der Gewinner des Goldenen Bären seine Trophäe vor lauter Müdigkeit sogar im Fahrzeug vergessen", erzählt Heidi Lauf. Da der Karton, in dem der Preis eingepackt war, fast dieselbe Farbe wie das Fahrzeugpolster hatte, entdeckte der Chauffeur den zurückgelassenen Preis erst bei Dienstschluss - und fuhr ihn zu dem bereits schlafenden Gewinner.

Wohl auch wegen dieser Überraschungen ist die Berlinale immer wieder ein Höhepunkt für ihre Chauffeure, ist sich Heidi Lauf sicher. "Es ist natürlich aufregender, eine attraktive Frau im Auto zu haben als einen Generaldirektor!" Doch auch dann darf der Fahrer nicht die Nerven verlieren, sondern muss weiterhin zurückhaltend sein. So darf keiner der Chauffeure seinen Gast um ein Autogramm bitten. Das bekommt er nur, wenn der Fahrgast es ihm von sich aus gibt.

Damit jedoch keine Pannen passieren, gibt es vor den Filmfestspielen eine Chauffeursbesprechung, berichtet Heidi Lauf. "Die Regeln gelten natürlich auch außerhalb der Berlinale, doch wir besprechen sie dann noch einmal." Unter "Regeln" versteht Heidi Lauf das "Einmaleins der Chauffeure": Neben dem Rauchverbot und den sauberen Fingernägeln seien Diskretion, Zuverlässigkeit und Sicherheit beim Fahren oberstes Gebot für die zumeist männlichen Chauffeure. Außerdem müssen die 25- bis 55-jährigen Fahrer einen dunklen Anzug, ein helles Hemd und eine Krawatte tragen. Die Chauffeursmütze gibt es heute nur noch auf den Firmenplakaten.

Heidi Lauf hat selber kaum Kontakt zu den Stars. Mit zwei weiteren Kollegen sitzt sie während der Berlinale meist in einem Büro am Potsdamer Platz und koordiniert die Anfragen der Gästebetreuung. Sie arbeitet dann bis zu 16 Stunden am Tag und lässt, wie sie sagt, Privates zu Hause. "Ich erledige alle Arztbesuche vorher und auch meine Freunde und Familie wissen, dass ich während der Berlinale nicht auf dieser Welt bin." Trotz aller Routine, die sich für sie nach 30 Jahren Mitarbeit auf der Berlinale einstellt, war sie wieder sehr auf die Filmfestspiele gespannt. Denn immerhin kann es ja sein, dass ihr abends, wenn sie bei einer Veranstaltung an Ort und Stelle den Fahrzeugeinsatz koordiniert, Catherine Deneuve oder Russel Crowe über den Weg laufen.

Aliki Nassoufis

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